Süddeutsche Zeitung

USA:Erste Hinrichtung mit Stickstoff vollzogen

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Menschenrechtler warnten vor einem womöglich grausamen Tod für Kenneth Eugene Smith. Seine Anwälte zogen bis vor den Supreme Court, um sein Leben zu retten - ohne Erfolg. Nun ist er als erster Häftling in den USA mit der neuen Methode getötet worden.

In den USA ist erstmals ein zum Tode verurteilter Mensch mittels einer neuen Stickstoff-Methode hingerichtet worden. Der 58 Jahre alte Kenneth Eugene Smith, der 1996 wegen Mordes verurteilt worden war, starb am Donnerstagabend (Ortszeit) in einem Gefängnis im US-Bundesstaat Alabama unter Anwendung sogenannter Stickstoffhypoxie, wie Alabamas Justizminister Steve Marshall mitteilte. Bei der Prozedur bekommt eine Person über eine Gesichtsmaske Stickstoff zugeführt - sie stirbt wegen des Sauerstoffmangels.

Die als Medienzeugin anwesende Journalistin Ivana Hrynkiw von der Plattform al.com erklärte bei einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz, Smith sei mehrere Minuten lang anscheinend bei Bewusstsein gewesen. Etwa zwei Minuten lang habe er gezittert und sich gewunden. Mehrere weitere Minuten habe er tief geatmet, bis die Anwesenden keine Atemzüge mehr sehen konnten.

Eine Hinrichtung mit Stickstoff sei "die schmerzfreiste" der bekannten Verfahren, sagt Alabamas Generalanwalt Edmund LaCour. Menschenrechtler beklagen hingegen, die Methode sei ungetestet und Smith könnte einen grausamen Tod sterben. Dass die Inhalation reinen Stickstoffs keine schwerwiegenden Leiden verursacht, halten Experten der Vereinten Nationen für wissenschaftlich nicht bewiesen.

Smiths Anwälte hatten bis zuletzt versucht, die Hinrichtung zu stoppen. Doch weder die zuständigen Gerichte in Alabama noch der Oberste Gerichtshof der USA waren ihren Gesuchen gefolgt. Demonstranten forderten in den vergangenen Tagen auch die Gouverneurin von Alabama auf zu intervenieren. Doch auch dazu kam es nicht.

Erster Hinrichtungsversuch scheiterte 2022

Smith war 1996 zum Tode verurteilt worden - wegen der Beteiligung an einem Auftragsmord acht Jahre zuvor. Bereits 2022 sollte Smith eigentlich mit der Giftspritze hingerichtet werden. Dem Gefängnispersonal gelang es damals aber nicht, die dafür nötige Kanüle in seinen Arm zu legen: Nach mehreren Stunden, in denen er angeschnallt auf dem Exekutionstisch lag, wurde er wieder in seine Zelle gebracht. Weder den gescheiterten Versuch von 2022 noch die Bedenken mit Blick auf die neue Methode werteten Gerichte jedoch als ausreichend, um nun die Stickstoff-Hinrichtung zu stoppen.

Smith' Anwälte argumentierten, dass er zu einer Art Testkandidat würde und noch viel zu viele Fragen offen seien. In ihrem Gesuch bemängelten sie unter anderem, dass das Protokoll für den Ablauf der Hinrichtung noch wenige Tage zuvor geändert worden sei. Die Anwälte werteten dies als weiteren Beleg für die vielen Unklarheiten bei einer Hinrichtung mit Stickstoff.

Das Berufungsgericht in Alabama wies die Vorbehalte am Mittwoch jedoch zurück. Smith könne nicht belegen, dass die Hinrichtung eine "grausame und ungewöhnliche" Bestrafung darstelle, heißt es in der Entscheidung. Auch der Supreme Court lehnte einen ähnlichen Antrag ab, nannte allerdings keine Begründung dafür. Erfolglos blieb auch ein weiterer letzter Eilantrag vor dem Obersten Gerichtshof, über den erst am Donnerstagabend (Ortszeit) unmittelbar vor der Exekution entschieden wurde.

Bei seiner Verurteilung 1996 hatten die Geschworenen eigentlich eine lebenslange Haftstrafe für Smith vorgesehen. Der zuständige Richter setzte sich damals aber über diese Empfehlung hinweg und verfügte die Todesstrafe. Das Gesetz, das dies ermöglichte, schaffte Alabama als letzter US-Bundesstaat im Jahr 2017 ab.

Smith' Hinrichtung ist in den USA die erste in diesem Jahr. 2023 waren landesweit 24 Todesurteile vollstreckt worden. 2330 zum Tode verurteilte Menschen sitzen derzeit im Todestrakt, teils schon seit Jahrzehnten wie im Fall von Smith.

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