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Tod in Malaysia:Fall Kim Jong-nam: Nordkoreanischer Diplomat unter Verdacht

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Der Fall Kim Jong-nam zieht offenbar Kreise bis in die höhere Diplomatie: Malaysia verdächtigt nun auch einen Mitarbeiter der nordkoreanischen Botschaft, in den Tod des Halbbruders von Nordkoreas Diktator Kim Jong-un verwickelt zu sein.

Wie der malaysische Polizeichef Khalid Abu Bakar mitteilte, handelt es sich bei dem Verdächtigen um den Zweiten Sekretär Nordkoreas. Er halte sich vermutlich noch im Land auf und sei aufgefordert worden, sich zur Vernehmung einzufinden.

Ein weiterer Nordkoreaner ist der Nachrichtenagentur AP zufolge in Polizeigewahrsam genommen worden - möglicherweise handelt es sich dabei um einen Mitarbeiter der nordkoreanischen Fluggesellschaft Air Koryo, der ebenfalls verdächtigt wird. Polizeichef Abu Bakar sagte, vier weitere Verdächtige hätten Malaysia am Tattag vor rund einer Woche verlassen und befänden sich vermutlich in Pjöngjang. Die Ermittler hätten Nordkorea aufgefordert, sie zu suchen und nach Malaysia zu überstellen.

Offenbar hat jemand versucht, in die Leichenhalle einzubrechen, in der der Körper von Kim Jong-nam aufbewahrt wird. Wie der britische Guardian berichtet, kennt die Polizei nach eigenen Angaben den oder die Schuldigen, will sich dazu aber nicht weiter äußern. Nordkorea fordert die Herausgabe des Leichnams, Malaysia verweigert sie jedoch, und verlangt, dass sich nahe Verwandte melden sollen.

Nach der Tat wusch sich eine der Frauen sofort die Hände

Kim Jong-nam war vor rund einer Woche am Flughafen von Kuala Lumpur von zwei Frauen angefallen worden, die ihm etwas auf das Gesicht drückten. Er habe sich nach der Attacke hilfesuchend an das Flughafenpersonal gewandt und sei in ein Krankenhaus gebracht worden, wo er kurz darauf starb. Die Obduktion seiner Leiche ergab jedoch keine konkreten Hinweise auf die Todesursache - Beobachter gehen davon aus, dass er vergiftet worden ist. Die zwei Tatverdächtigen behaupten malaysischen Justizkreisen zufolge, sie seien "ausgetrickst" worden: Man habe sie vorgeblich für einen Fernsehstreich engagiert, nicht für einen Auftragsmord.

Der Polizeichef erklärte hingegen, die beiden seien für entsprechende Angriffe trainiert gewesen. Videoaufnahmen würden zeigen, dass eine der Frauen sofort nach dem Überfall einen Waschraum aufsuche: Sie sei sich "sehr bewusst" gewesen, dass sie wegen des Gifts sofort ihre Hände waschen müsse, sagte Abu Bakar.

Die nordkoreanische Botschaft in Malaysia hat diese Darstellung zurückgewiesen und die Freilassung der "unschuldigen Frauen" gefordert. Wenn sie Gift an den Händen gehabt hätten, stelle sich die Frage, weshalb sie noch am Leben seien. Toxikologen rätseln bislang, wie die Frauen mit einer tödlichen Substanz hantieren konnten, ohne selbst zu Schaden zu kommen. Um welche Substanz es sich gehandelt haben könnte, ist völlig unklar.

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SZ.de/AFP/AP/Reuters
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