Süddeutsche Zeitung

Singapur:Ausgekocht

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Als Besitzer einer winzigen Garküche hat Chan Hon Meng im Sommer einen Michelin-Stern bekommen. Seine Hühnchen hat er weiter für 1,35 Euro verkauft. Jetzt eröffnet er ein Restaurant.

Von Arne Perras, Singapur

Man konnte es schon ahnen, dass Chan Hon Meng bald umziehen würde. Im Sommer wurde der Koch einer einfachen Garküche aus Singapur über Nacht zum Star, als ihn die Tester des Michelin-Führers mit einem Stern auszeichneten. Seither serviert der 51-Jährige das billigste preisgekrönte Gericht der Welt: Hühnchen mit Reis für 1,35 Euro. Und er kann sich vor Kunden kaum noch retten: Drei bis vier Stunden warten sie vor der winzigen Garküche in den Hawker Centres, dem Zentrum der fliegenden Händler in einem Kaufhaus in Singapur, um seinen "Hong Kong Soya Sauce Chicken Rice" zu kosten. Nun aber soll es für alle bequemer werden. Chan hat sich mit einem Investor zusammengetan und wird im November ein Restaurant in Chinatown eröffnen: "Hawker Chan" soll es heißen und Platz für 80 Gäste bieten.

Mal ausspannen? Das war in Chans Leben bisher nicht vorgesehen

Wenn es gut läuft, könnte dies der Anfang einer neuen Restaurantkette sein, die bald ganz Asien und vielleicht die Welt erobert. Zumindest ist das die Idee des Gastronomiebetriebs Hersing Culinary, der Chan nun als Partner gewonnen hat. Und dem Koch scheint die Vorstellung von der globalen Expansion zu gefallen. Servieren wird Chan weiterhin sein berühmtes Huhn, dessen Rezept er sorgsam hütet. Seine Garküche, die ihn berühmt gemacht hat, will er nicht aufgeben, sie soll zumindest in der Hand der Familie bleiben, obgleich Chan festgestellt hat, dass es nicht leicht ist, Nachwuchs auszubilden. "Ich habe früher oft versucht, junge Leute anzulernen, aber keiner hat die Arbeit durchgehalten", sagt er. "Alle klagten, es sei ihnen zu hart, die Arbeitszeiten, die Hitze und das ewige Stehen."

Tatsächlich verrichtet Chan Schwerstarbeit, wenn er täglich zusammen mit seiner Frau 180 Hühnchen verarbeitet, frühmorgens geht es los. Und wenn er abends erschlagen nach Hause kommt, muss er froh sein, wenn seine kleine Tochter noch nicht eingeschlafen ist. Mal ausspannen? Das war im Leben des gebürtigen Malaysiers bisher nicht vorgesehen.

Die Preise in der Garküche bleiben, wie sie sind, verspricht der Koch. Auch im neuen Restaurant sollen sie erschwinglich sein: "Erst kommen die Kunden, dann der Profit", sagt Chan. Künftig will er zwischen seinem Schnellrestaurant und der Garküche pendeln, damit das Hühnchen überall so zart und schmackhaft bleibt, wie es die Fans - und die Michelin-Juroren - gewohnt sind.

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Quelle:
SZ vom 29.10.2016
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