Süddeutsche Zeitung

Schwedisches Königshaus:Warum Carl Gustaf einige seiner Enkel zu Normalbürgern macht

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Von Kai Strittmatter, Kopenhagen

Die eine oder den anderen gab es hinterher schon, die behaupteten, sie hätten es kommen sehen, so sei schließlich der Lauf der Zeit. Die große Mehrheit auch der professionellen Hofberichterstatter in Schweden rang aber erst einmal nach Luft, als die Nachricht am Montagvormittag durchsickerte: Der König schrumpft das Königshaus. "Ich bekam Schluckauf, als ich das hörte", bekannte Karin Lennmor, langjährige Königshausbeobachterin des Boulevardblatts Expressen . "Das kam wie ein Blitz aus heiterem Himmel."

Punkt zwölf Uhr mittags dann trat der Reichsmarschall Fredrik Wersäll vor die Presse, um die Entscheidung von König Carl XVI. Gustaf zu erläutern. Der König hat drei Kinder: Kronprinzessin Victoria sowie Prinz Carl Philip und Prinzessin Madeleine. Von nun an werden die Kinder der beiden später Geborenen keine "Königlichen Hoheiten" mehr sein, also der Nachwuchs von Carl Philip (verheiratet mit Prinzessin Sofia, einem ehemaligen Model) und von Madeleine (verheiratet mit Christopher O'Neill, einem britisch-amerikanischen Finanzinvestor). Die beiden haben insgesamt fünf kleine Kinder. Sie sollen als "gewöhnliche" Bürger behandelt werden und werden nicht mehr bei offiziellen Anlässen als Repräsentanten des Königshauses auftreten. An der Thronfolge ändert sich nichts, Teil der königlichen Familie sind sie weiterhin, ihre ihnen bei der Geburt verliehenen Titel als Herzöge und Herzoginnen dürfen sie ebenfalls behalten, werden diese aber nicht weitervererben.

Eher Befreiung von zeremonieller Last als Rauswurf

Und die Antwort auf die Frage, die sofort alle schwedischen Medien stellten: Nein, die Kinder werden in Zukunft ihren Lebensunterhalt nicht mehr vom Staat bezahlt bekommen.

Die Reaktion der Kinder auf den Schritt ihres Großvaters unbekannt, das älteste, Prinzessin Leonore, Herzogin von Gotland, ist aber auch gerade mal fünf Jahre alt. Die königliche Familie als ganze sehe ihn jedoch "positiv", teilte der Reichsmarschall mit. Die Öffentlichkeit ist angenehm überrascht. Gelobt wird vor allem zweierlei: Durch die Verkleinerung des Königshauses müssen die Steuerzahler von nun an für weniger Royals zahlen. Und für die betroffenen Kinder sieht man den Schritt weniger als Rauswurf aus dem königlichen Nest denn als Befreiung von zeremonieller Last.

Ein Komitee soll sich die Finanzen des Königshauses ansehen

Der Hof selbst wollte über die Motive keine Auskunft geben, manche Beobachter verwiesen aber auf einen Beschluss des Reichstags im Mai: Damals hatte eine breite Mehrheit quer durch alle politischen Lager beschlossen, ein Komitee solle sich die Finanzen des Königshauses ansehen. Es gebe Befürchtungen, hieß es in einem Kommentar von Dagens Nyheter (DN), dass das Königshaus durch die lockereren Heiratsregeln der vergangenen Jahrzehnte bald noch stärker anschwelle und immer teurer werde. Als Madeleine und ihr Mann mit ihrer Familie im Herbst 2018 nach Florida zogen, verstärkten sich die Diskussionen. Es sehe so aus, schreibt DN, als wolle der König mit seinem Schritt nun "geplanten Reformen des Reichstages zuvorkommen".

Prinzessin Madeleine schrieb auf Instagram: "Chris und ich denken, dass es gut ist, dass unsere Kinder jetzt die Möglichkeit erhalten, in Zukunft ihr eigenes Leben als Privatpersonen zu entwickeln." Der Journalist Herman Lindquist, der mal Geschichtslehrer von Prinzessin Victoria war, sagte: "Jetzt können die Kinder ein natürlicheres Leben führen." Und im Expressen formulierte es Karin Lennmor so: Das Königshaus gehe mit der Zeit.

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SZ vom 08.10.2019
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