Süddeutsche Zeitung

Dänemark:Achtundsechzigerin, Kettenraucherin, Königin

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Margrethe II. feiert ihr 50-jähriges Thronjubiläum. Vor allem dank ihr steht die Monarchie im Land so gut da wie lange nicht.

Von Kai Strittmatter

"Männer wollten nicht von Frauen regiert werden", sagte die Premierministerin am Freitagmorgen in Christiansborg, dem Sitz der Macht in Dänemark, in Richtung der aufmerksam lauschenden Margrethe II. "Aber so kam es und so ist es". Und die Königin lächelte bei diesen Worten breit und nickte. Im Januar 2022 stehen zwei Frauen an der Spitze des dänischen Staates: Königin Margrethe II. und die sie an diesem Tag ehrende sozialdemokratische Regierungschefin, Mette Frederiksen.

Exakt 50 Jahre ist es an diesem Freitag her, dass Margrethe II. den Thron bestieg, am 14. Januar 1972. Mette Frederiksen war da noch gar nicht geboren. Margrethe II. war die erste Frau auf dem Thron des dänischen Königshauses in 600 Jahren, man änderte eigens die Thronfolgeregelung, um die Prinzessin zur Königin zu machen. Macht hatte die Monarchie schon damals keine mehr, aber ihre symbolische Kraft war stark.

Und wenn überhaupt, dann steht sie heute noch besser da. Republikanische Antimonarchisten gibt es auch in Dänemark, aber viel Rückhalt haben sie im Moment nicht: Vier von fünf Dänen geben in Umfragen an, hinter dem Königshaus zu stehen. Und das ist zu einem großen Teil das Verdienst Margrethes II. Die Zeitung Berlingske pries ihre "einigende Kraft in einer zunehmend fragmentierten Welt", die liberale Politiken attestierte ihr "Stil, Würde und Persönlichkeit".

Zwischen Tradition und Moderne

In ihren Neujahrsansprachen redete sie immer wieder auch ihrem Volk ins Gewissen. Meist traf sie einen Nerv, bisweilen tappte sie auch daneben, wie vor zwei Jahren, als sie den menschengemachten Klimawandel kleinredete. Die Königin hat die Bilder ihrer Auftritte oft traditionsbewusst inszeniert, gleichzeitig aber interpretierte sie das Königinnensein modern. Eigentlich sei die Königin mit ihrer Kultivierung des Künstlerischen und des Intellektuellen doch "tatsächlich eine Achtundsechzigerin", schrieb Politiken am Freitag, "mit dem der Generation innewohnenden Drang, Grenzen zu überschreiten". Vom Kettenrauchen ließ sie sich ebenso wenig abbringen wie vom Ausleben ihrer künstlerischen Leidenschaften.

Lieber als Königin wäre Margrethe II. eigentlich Archäologin geworden. Als sie dann auf dem Thron saß, arbeitete sie regelmäßig als Übersetzerin, Illustratorin und Kostümdesignerin für Ballettaufführungen. Im letzten Sommer erst gab Regisseur und Oscar-Preisträger Bille August bekannt, dass Königin Margrethe das Set-Design für seinen neuen Film übernehmen werde.

Das Abtreten zu Lebzeiten hat keine Tradition in der dänischen Monarchie. Margrethe selbst erklärte einmal, sie bleibe Königin, bis sie "vom Stock fällt". Es ist nun mal kein Job, den sie da hat, sondern eine Lebensaufgabe.

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