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Kinderspiel des Jahres:"Ein guter Verlierer hat trotzdem Spaß beim Spielen"

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Wolfgang Warsch erfindet erfolgreich Spiele - für das "Kinderspiel des Jahres 2022" war er zweimal nominiert. Eigentlich ist er aber Molekularbiologe. Wie passt das zusammen?

Interview von Kerstin Lottritz

Der Österreicher Wolfgang Warsch, 42, arbeitet erst seit 2018 hauptberuflich als Spieleerfinder. Jetzt hat er erstmals zwei Kinderspiele auf den Markt gebracht: "Auch schon clever" und "Mit Quacks & Co. nach Quedlinburg" waren beide nominiert für das "Kinderspiel des Jahres 2022". Gewonnen hat allerdings ein anderes, "Zauberberg" von Jens-Peter Schliemann und Bernhard Weber. Völlig zu Recht, sagt Wolfgang Warsch.

SZ: Herr Warsch, wie gut können Sie verlieren?

Wolfgang Warsch: Ach, in den ersten zwei Minuten habe ich mich schon geärgert, der Preis wäre schon schön gewesen. "Zauberberg" galt aber doch als heimlicher Favorit. Ich habe mir das Spiel vor zwei Wochen gekauft und mit meinen Kindern gespielt. Beide haben das Spiel geliebt. Meine Tochter hat gesagt: "Papa, du wirst es schwer haben. Ich glaube nicht, dass du gewinnst."

Was macht denn einen guten Verlierer aus?

Ein guter Verlierer hatte trotzdem Spaß beim Spielen. Ein Spiel ist ja nicht nur reizvoll, wenn man als Sieger hervorgeht, sondern am Schluss haben alle gewonnen, wenn alle Spaß hatten.

Sie sind Molekularbiologe und haben jahrelang in der Krebsforschung gearbeitet. Wie passen die Forschung und die Spieleentwicklung zusammen?

Da gibt es schon einige Parallelen. Es ist in beiden Fällen sehr viel Kopfarbeit notwendig. In der Forschung braucht man ein gewisses Grundwissen, das man sich durch Lesen von Studien aneignet, um dann eine Idee für ein neues Forschungsprojekt zu haben. Das gilt auch für die Entwicklung von Brettspielen. Und man braucht Geduld in beiden Berufen. Immer wieder wird etwas geändert und aufs Neue getestet.

Jetzt erfinden Sie Spiele aber hauptberuflich. Ist Spielen dann doch spannender als Forschung?

Ich kann nicht sagen, dass es schöner ist, aber es ist vor allem eine tolle Abwechslung. Ich habe zwölf Jahre in der Krebsforschung gearbeitet. Irgendwann kam die Frage auf, ob ich nochmal etwas komplett Neues machen soll. Eigentlich wollte ich mir dann nur eine Auszeit von zwei, drei Monaten nehmen. Aber dann kamen vier erfolgreiche Spiele von mir auf den Markt.

Die beiden Kinderspiele, mit denen Sie jetzt nominiert waren, hatten Sie ursprünglich mal als Erwachsenenspiel konzipiert. Was braucht ein gutes Kinderspiel?

Einfache Regeln und eine kurze Spielzeit von zehn bis 20 Minuten. Kinder spricht vor allem an, wenn etwas Visuelles oder Haptisches dabei ist. Mir persönlich ist wichtig, dass die Spiele auch den Eltern Spaß machen und für sie einen gewissen Reiz haben.

Haben Kinder eine andere Motivation beim Spielen als Erwachsene?

Bei Jüngeren überwiegt noch der Spaß, mit den Eltern gemeinsam zu spielen. Ab einem gewissen Alter steht das Gewinnen sicherlich im Vordergrund und dann fließen auch mal Tränen. Für diese Kinder eignen sich kooperative Spiele, bei denen alle gemeinsam spielen.

Wie kann man Kindern den Spaß am gemeinsamen Spielen beibringen?

Ein kooperatives Spiel ist ein guter Anfang - wie "Zauberberg" etwa. Solche Spiele sind erst in den vergangenen 20 Jahren populär geworden. Es entsteht ein Gemeinschaftsgefühl, wenn man sich abspricht und einen gemeinsamen fiktiven Gegner hat. Selbst wenn man am Ende verliert, haben wenigstens alle zusammen verloren.

Muss Ihre Familie jeden Abend mit Ihnen spielen, um Ihre Spielideen zu testen?

Erwachsenenspiele nicht, meine Frau ist keine große Brettspielerin. Ich treffe mich hier in Wien einmal in der Woche mit anderen Spieledesignern und da geben wir uns gegenseitig Feedback. Bei den Kinderspielen ist es anders. Als wir Anfang 2020 im Lockdown zu Hause saßen, habe ich angefangen, mit meinen Kindern Spiele zu spielen. Daraus sind dann auch die Ideen für die aktuellen Kinderspiele entstanden.

Gibt es ein Spiel, das Sie überhaupt nicht mögen?

Spiele, bei denen schon zu früh klar ist, wer gewinnt und wer verliert, langweilen mich. Generell bin ich, wenn ich mit Erwachsenen spiele, kein Fan von kooperativen Spielen. Meistens kristallisiert sich dabei ein Anführer heraus. Introvertiertere Menschen spielen dann zwar mit, können aber nicht wirklich Input geben.

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