Süddeutsche Zeitung

Italien:Riesiger Wal strandet im Golf von Neapel

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Knapp 20 Meter lang ist das Finnwalweibchen, das inzwischen verendet ist. Meeresbiologen sagen, sie hätten im Mittelmeer nie ein imposanteres Exemplar gesehen.

Von Oliver Meiler, Rom

Der mysteriöse Tod eines majestätischen Finnwals erwärmt das Herz der Italiener. Der Kadaver ist so groß, dass selbst erfahrene Meeresbiologen sagen, sie hätten im Mittelmeer noch nie ein imposanteres Exemplar gesehen. Ein Weibchen, 19,70 Meter lang, siebzig Tonnen schwer. Um seine Größe einigermaßen fassbar zu machen, schreiben die italienischen Zeitungen, es sei so lang, wie ein fünfstöckiges Wohnhaus hoch sei.

Vor einigen Tagen ist der Wal im Golf von Neapel gestrandet, im Hafen von Sorrento. Verirrt und verwirrt. Er schlug immer wieder mit der Schnauze gegen die Mole, tauchte ab, tauchte wieder auf, das Wasser färbte sich rot vom Blut des Säugetiers. Es rang mit dem Tod, dann verschwand es. Taucher der italienischen Küstenwache fanden den Wal verendet in zwanzig Metern Tiefe.

Eine Weile kursierte die Mutmaßung, in Wahrheit seien zwei Tiere in Sorrento gestrandet, das große und ein kleineres. Vom kleineren Tier dachte man, es könnte ein Säugling des Riesen sein, der nach dem Tod der Mutter den Weg in die hohe See fand. Nun, diese These wurde mittlerweile wieder verworfen. Es ist nur noch von einem Tier die Rede, dem traurigen Fund.

Die Küstenwache brachte den Wal nach Neapel. Der Transport war mühselig, Schleppseile rissen in Serie. Nun liegt er im Dock einer Werft, wo die Todesursache geprüft wird. Aus Padua reisten dafür Professor Sandro Mazzariol und die Mitarbeiter seines Cetacean strandings Emergency Response Teams an, das sich, wie der Name besagt, mit gestrandeten Walen beschäftigt.

Solche Notfälle kommen immer wieder vor, nur sind die Tiere sehr selten so groß. Mithilfe von Gentests soll nun auch herausgefunden werden, zu welcher Gattung die "Balena di Sorrento" gehört hatte, wie der große Wal nun genannt wird.

Noch mehr interessiert aber, woran er gestorben ist. Möglich wäre eine Infektionskrankheit, etwa Masern, dafür gibt es Präzedenzfälle: 2017 etwa starben mehrere Hundert Delfine, die an der ligurischen Küste gestrandet waren, an Masern. Möglich wäre auch eine Vergiftung, zum Beispiel eine Überdosis Plastik, das Mittelmeer ist bekanntlich ein kolossales Entsorgungsbassin für Plastikmüll. Ausgeschlossen erscheint die Kollision mit einem Schiff: Verletzungen eines Zusammenstoßes fanden die Experten jedenfalls nicht.

In Sorrento wollen sie nun ein Museum für den Wal eröffnen, eine touristische Attraktion für die Zeit, wenn dann mal wieder Touristen kommen dürfen. Es gibt noch einen anderen Grund für die besondere Beziehung der Sorrentini zu den Walen, eine Legende, sie geht so: Vor vielen Jahrhunderten soll eine Gruppe von Kindern am Strand von Sorrento gespielt haben, als ein monströs großer Wal erschien und eines der Kinder verschluckte. Die Mutter rief Sant'Antonino an, den Stadtheiligen, und der rettete ihr Kind. In der Basilica Sant'Antonino von Sorrent bewahren sie nun einen Walknochen auf, der den Gläubigen zum Beweis für das Wunder gereicht.

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