Süddeutsche Zeitung

Israel:Die Hochzeit, die angeblich die "jüdische Dynastie" bedroht

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Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Ihre Beziehung hatten sie vier Jahre lang geheim gehalten, aus Angst vor "extremistischen Reaktionen". Die trafen dann auch prompt ein, als bekannt wurde, dass der aus der Netflix-Serie "Fauda" bekannte Schauspieler Zachi Halevi und TV-Moderatorin Lucy Aharisch geheiratet hatten. Die Zeremonie an einem geheim gehaltenen Ort in der Nähe von Hadera am Mittwoch war in kleinem Kreis, die Aufregung dafür umso größer.

Zahlreiche Politiker meldeten sich zu Wort. Denn der 43-jährige Halevi ist Jude, die 37-jährige Aharisch ist Muslima, sie ist arabische Israelin, also Palästinenserin. Selbst Innenminister Arie Deri von der strengreligiösen Schas-Partei wandte sich über die Medien an das prominente Paar: "Es tut weh, und es ist eine Privatsache, aber als Jude muss ich sagen: Ich bin gegen gegen solche Sachen, weil wir das jüdische Volk bewahren müssen." Er empfehle Aharisch, zum Judentum überzutreten, denn "Mischehen" gefährdeten den Fortbestand des jüdischen Volkes. Er appellierte an sie, auch an künftige Kinder zu denken. "Diese Kinder werden im Staat Israel Probleme mit ihrem Status bekommen."

Wenn sich ihre Seele nach dem Judentum sehne, dann gebe es die Möglichkeit zu konvertieren. Auch Bezalel Smotrich, ein orthodoxer Jude von der den Siedlern nahestehenden nationalreligiösen Partei Jüdisches Heim, warnte vor "Assimilierung", die "ein Glied aus der langen Kette des Volkes der Ewigkeit herausreißt". Der für ungewöhnliche Auftritte bekannte Abgeordnete Oren Hasan von der Likud-Partei nutzte Twitter, um seine Einschätzungen zu verbreiten: Aharisch habe Halevi "verführt, um unserem Staat zu schaden und jüdische Nachfahren daran zu hindern, die jüdische Dynastie fortzusetzen". Der Fauda-Darsteller laufe Gefahr, "islamisiert" zu werden.

Dann wandte er sich direkt an die Braut: "Lucy, das ist keine persönliche Sache, aber Tzahi ist mein Bruder und jüdische Volk ist mein Volk. Es reicht mit der Assimilierung!" Politiker anderer Parteien reagierten darauf. Der Abgeordnete der zionistischen Union, Yoel Hasson, twitterte, Hasans Bemerkungen zeigten das "dunkle, rassisische und beschämende Gesicht" der Likud-Partei, der auch Premierminister Benjamin Netanjahu angehört. Für Meirav Ben Ari sind Hasans Einlassungen "einfach nur ekelerregend". Dem Brautpaar gab er den Ratschlag, nur die positiven Wünsche in Erinnerung zu behalten.

Hasan fühlte sich durch die Reaktionen, "die Assimilierung als heroische Sache darstellen", nur bestätigt: "Die Linke hat vergessen, was es bedeutet, jüdisch zu sein." Aharisch ist die erste arabische Israelin, die es als Anchorwoman in die Primetime geschafft hat. Sie präsentiert derzeit auf Reshet 13 die Nachrichten, davor arbeitete sie für Channel 2 and i24. 2015 wurde sie sogar öffentlich als "bahnbrechende muslimische Journalistin" geehrt, sie durfte bei der Zeremonie zum israelischen Unabhängigkeitstag eine Fackel auf dem Herzl-Berg entzünden.

Rund zwanzig Prozent der Bevölkerung in Israel sind arabische Israelis, die über Diskriminierungen im Alltag klagen. Das im Juli beschlossene Nationalstaatsgesetz hatte bei arabischen Israelis und Drusen heftige Kritik hervorgerufen, weil Israel als "jüdischer Staat" definiert wird und Arabisch nicht mehr als offizielle Landessprache eingestuft wird.

In Israel können Paare unterschiedlicher Religionen nicht legal heiraten

Halevi spielt in der international erfolgreichen Serie "Fauda" das Mitglied einer Eliteeinheit der israelischen Armee. Die sogenannten "Mistaaravim" dringen in den dem viel gelobten Thriller als Araber verkleidet in Palästinensergebiete vor, um dort nach Terroristen zu fahnden. Zuletzt spielte Halevi in der Netflix-Produktion "The Angel" den libyschen Diktator Muammar Gaddafi. Er tritt auch als Sänger auf und schaffte es ins Finale der israelischen Version von "The Voice".

Ihre Beziehung konnten die beiden auch deshalb so lange geheim halten, weil Klatschreporter die Bitte der beiden in Israel bekannten Persönlichkeiten respektierten, nicht darüber zu berichten. Die Hochzeit war eine "private Zeremonie", denn in Israel können Paare, die einer unterschiedlichen Religion angehören, nicht legal heiraten. Es gibt vonseiten rechter israelischer Parteien starken Druck gegen die Assimilierung von Juden, aber auch auf palästinensischer Seite gibt es massive Vorbehalte gegen alles, was als "Normalisierung" der Beziehungen zu Israelis betrachtet werden kann.

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