Prinz Philip:Ein Land nimmt Abschied
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Großbritannien trauert auf zweierlei Art um Prinz Philip: mit respektvoller Ruhe und mit Kanonendonner. Die königliche Familie zeigt sich überwältigt und bereitet nun minutiös das Begräbnis vor, zu dem auch Prinz Harry aus den USA erwartet wird.
Von Alexander Mühlauer, London
Vor dem Buckingham Palace haben sie ein schwarzes Absperrband aufgespannt. Wer ganz nach vorne an den Eisenzaun mit den goldenen Spitzen will, muss sich anstellen. Am Samstagnachmittag stehen gut 100 Menschen in der Schlange, sie haben Blumen, Bilder und Briefe mitgebracht, die sie niederlegen wollen. Sie sind hierher gekommen, um Prinz Philip die letzte Ehre zu erweisen, dem Duke of Edinburgh, der am Freitag im Alter von 99 Jahren gestorben ist. Und auch am Sonntag reißt der Strom der Trauernden nicht ab.
Abschiednehmen ist nie leicht, aber wegen Corona ist es noch schwerer als sonst. Man darf sich nicht umarmen, man darf nicht allzu lange stehen bleiben, man darf sich nicht in größeren Gruppen treffen. Und so bleibt den Menschen am Buckingham Palace nichts anderes übrig, als Blumen niederzulegen, kurz zu verweilen und dann wieder zu gehen. Zum Beispiel in den St James's Park, wo man Pelikane und schwarze Schwäne bewundern kann. Auf den Parkbänken findet so mancher Zeit, noch einmal darüber nachzudenken, was der Tod von Prinz Philip bedeutet. Für die Royal Family, für das Königshaus und, ja, auch für einen selbst.
Die Zeitungen sind an diesem Wochenende voll mit Nachrufen auf einen Mann, der fast sein ganzes Leben in den Dienst der Krone gestellt hat. Überall im Vereinigten Königreich waren am Samstagmittag Salutschüsse zu hören. Am Tower in London, in Edinburgh, in Cardiff und in Belfast. Im ganzen Land wehen die Fahnen seit der Nachricht des Todes von Prinz Philip auf halbmast. Auch der Union Jack auf dem Dach des Buckingham Palace. Rund um den Palast herrscht am Wochenende eine respektvolle Ruhe. Die Menschen verhalten sich diszipliniert, sie wissen ja um die Corona-Vorschriften. Im Grunde haben die Polizisten und Sicherheitsleute nicht viel Arbeit.
Prinz Charles spricht von seinem "lieben Papa"
Am Samstagabend tritt schließlich Prinz Charles vor die Kameras, der Thronfolger. Er ist sichtlich gerührt und will all jenen danken, die im Königreich und im Commonwealth ihre Anteilnahme zeigen. Charles also sagt, dass er und seine Familie "zutiefst dankbar" seien. Und dann sagt er noch: "Mein lieber Papa war ein ganz besonderer Mensch, der, wie ich denke, vor allem überwältigt wäre von der Reaktion und den bewegenden Dingen, die über ihn gesagt wurden."
Die Queen hatte am Freitag eine 14-tägige Trauerzeit verordnet. Das Begräbnis von Prinz Philip wird am kommenden Samstag stattfinden. Wegen der Pandemie soll es keine Prozessionen in der Öffentlichkeit geben, die Bürgerinnen und Bürger sind dazu aufgerufen, möglichst im Internet zu kondolieren. An der Zeremonie selbst dürfen nur 30 Gäste teilnehmen, so steht es in den Corona-Vorschriften.
In den britischen Medien wird seitdem ausführlich darüber spekuliert, wer nun dabei sein darf. Fest steht jedenfalls, dass Boris Johnson nicht teilnehmen wird. Der Premierminister will so vielen Familienmitgliedern wie möglich den Vortritt lassen. Aus dem Palast verlautet am Wochenende dann noch, dass Prinz Harry aus den USA anreisen werde. Seiner schwangeren Frau Herzogin Meghan sei jedoch von ihrem Arzt abgeraten worden, die Reise anzutreten.
Die Hoffnung: William und Harry könnten sich am Grab versöhnen
So mancher im Königreich hofft im Umfeld des Begräbnisses auf eine Aussöhnung zwischen Prinz Harry und seinem Bruder Prinz William. Der ehemalige britische Premierminister John Major sagt etwa am Sonntag in der BBC: "Die geteilte Trauer über den Tod ihres Großvaters ist in meinen Augen die ideale Gelegenheit." Im Mittelpunkt des Streits der beiden Brüder stehen Vorwürfe von Harry und Meghan über angeblich rassistische Äußerungen in der Familie. Dem Palast dürfte sehr daran gelegen sein, dass dieses Zerwürfnis die Trauerfeier nicht überschattet.
Das Protokoll des Begräbnisses auf dem Gelände von Windsor Castle wird jedenfalls minutiös vorbereitet. Schon jetzt stehen die Grundzüge fest, der Palast hat den Ablaufplan in Teilen bereits veröffentlicht. So soll die Zeremonie am kommenden Samstag um 15 Uhr britischer Zeit mit einer Schweigeminute in der St George's Chapel beginnen. Zuvor wird der Sarg in einem von Prinz Philip mitentworfenen Land Rover innerhalb der Schlossmauern zur Kapelle gefahren, gefolgt von Prinz Charles und anderen Familienmitgliedern. Die Trauerfeier wird live im Fernsehen übertragen.
Britischen Medien zufolge hat Prinz Philip das Drehbuch für seinen Abschied selbst verfasst. Davon zeugt nicht nur der Land Rover, an dessen Design der Duke of Edinburgh beteiligt war, sondern vor allem auch der militärische Stil, in dem die Trauerfeier begangen werden soll. So wird etwa eine Abordnung der Royal Navy mehrere Lieder pfeifen.
Geleitet wird der Trauergottesdienst von Justin Welby, dem Erzbischof von Canterbury. Der Anglikanerprimas würdigte Prinz Philip bereits an dessen Todestag mit persönlichen Worten: "Bei den Gelegenheiten, bei denen ich ihn traf, war ich immer beeindruckt von seiner offensichtlichen Lebensfreude, seinem forschenden Verstand und seiner Fähigkeit, mit Menschen aus allen Schichten und Lebensbereichen zu kommunizieren." Man kann davon ausgehen, dass es am Samstag in Windsor sehr persönlich wird.