Süddeutsche Zeitung

Kuriose Berufsbezeichnungen:Chefchef oder Head of Chief of Power?

Lesezeit: 2 min

Elon Musk nennt sich jetzt "Technoking of Tesla" und treibt damit die Erfindung neuer Jobbezeichnungen auf die Spitze. Ach, soll sich doch jeder nennen, wie er will!

Von Veronika Wulf

Tesla-Chef Elon Musk nennt sich jetzt "Technoking", und daran ist eigentlich nur verwunderlich, dass er sich nicht "Techno Emperor" taufte, aber wahrscheinlich will er sich selbst und seinem Potenzial den nötigen Raum lassen, um in Zukunft noch vom König zum Kaiser aufsteigen zu können.

Jobtitel sind die neuen Doktortitel. Studien haben gezeigt, dass Menschen motivierter zur Arbeit gehen, wenn sie sich selbst einen Titel aussuchen dürfen. In einer Zeitungsredaktion sähe das wohl ungefähr so aus: Der Recherche-Nerd würde "Deep Investigative Discoverer" auf seine Visitenkarte schreiben, weil er ja internationale Hinweisgeber hat, der Nachrichtenredakteur vermerkt einfach nur "News", musste schnell gehen, und die feuilletonistische Edelfeder notiert "schreibt" unter ihrem Namen, weil es für sich steht.

In den Büros und Produktionshallen würden sich die Manager zwischen den Mastern tummeln, überall Chiefs und Head ofs, von denen sich die wahren Chefs mit Titeln wie Chefchef oder Head of Chief of Power zu übertrumpfen versuchten. Berufsbezeichnungen wären zum Wohle der Motivation aller nicht mehr geschützt, jeder Quacksalber dürfte sich Arzt nennen, jeder Dealer Apotheker, jeder Petzer Polizist.

Ist jede, die schon mal fotografiert wurde, ein Model?

In Reality-Formaten stünde dann bei den meisten Fernsehgesichtern "Model" in der Bauchbinde, weil sie schon mal fotografiert wurden, oder "Influencer", weil sie ein Instagram-Profil haben. Und der Rest ist "Stripper", weil er schon mal nackt war. Ach nee, so ist es ja jetzt schon.

Klar, die Berufswelt wird komplexer, internationaler, entfernt sich vom Produkt, um es mit Marx zu sagen. Da gesellt sich zum Schreiner eben ein Social-Media-Manager und zum Ingenieur ein IT-Spezialist. Buchstäblich überschaubar dürfte allerdings der Durchblick sein, wenn sich nun alle Fensterputzer in "Vision Clearance Engineer" umbenennen würden. Und wer denkt, "Reinigungsfachkraft" sei schon unnötig kompliziert für die gute alte Putzfrau, der hat offenbar noch nie vom "Environment Improvement Technician" gehört, der wiederum aufwertend mit "Lord Müllfort" rückübersetzt werden kann.

Das Wandern ist längst nicht mehr des Müllers Lust, sondern des "Verfahrenstechnologen Mühlen- und Getreidewirtschaft" Lust. Und der Mörder ist immer der "Technical Horticultural Maintenance Officer", eh klar. Nein, halt. Das war ja der Butler, also der "Personal Assistant and Bodyguard".

Bei Elon Musk ist ja das Tolle, dass sich beim Titel Technoking seine Selbstwahrnehmung mit der Fremdwahrnehmung einiger Menschen deckt, sonst würden Börsenkurse nicht bei jedem Musk'schen Wimpernzucken mitzucken. Bei den meisten kreativen Berufsbezeichnungen dürfte das allerdings anders sein.

Keine-Ahnung-Steffi ist jetzt mit Überstunden-Jörg zusammen

Also ein anderes Gedankenexperiment: Berufstitel dürfen sich die Kollegen (anonym) aussuchen, nicht man selbst. Bestimmt steigert das die Motivation (der Kollegen), auch wenn das noch nicht per Studie bestätigt wurde. All die Chiefs wären plötzlich weg, stattdessen säße da der "Dienst nach Vorschrift"-Udo mit dem Profilier-Philipp im Büro, gleich neben der "Wolln mer uns mal aufn Kaffee zusammensetzen"-Beate und der "Ich tu so als hätte ich Ahnung"-Stefanie, die übrigens mit dem "Kein Bock auf zu Hause, lieber Überstunden"-Jörg zusammen ist.

Bei Musk kann nach dem "Techno Emperor" nur noch der "Techno God" kommen. Etwaige Namensrechte klagender DJs kauft er mit Bitcoin ab.

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