Süddeutsche Zeitung

Coronavirus:Reha im Paradies

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Die brasilianische Inselgruppe Fernando de Noronha lässt nach dem Lockdown wieder Touristen einreisen - allerdings nur solche, die Covid-19 bereits hatten.

Von Moritz Geier

Genug schlechte Nachrichten dieser Tage, kommen wir zu den guten: Das Paradies hat endlich wieder geöffnet. Klar, nichts ist kostenlos, auch ins Paradies kommt nicht jeder Hanswurst, man muss die Naturtaxe zahlen, auch der Flug wird nicht ganz billig sein. Ach ja, und den Corona-Test muss man natürlich bestehen, Menetekel unserer Zeit: Wer ins Paradies will, der braucht allerdings einen positiven.

Das Paradies ist Fernando de Noronha, ein malerischer Archipel im Atlantik, 350 Kilometer vor der brasilianischen Küste. Seit März war die Inselgruppe mit ihren 3100 Einwohnern im Lockdown, die Coronavirus-Pandemie hat Brasilien ja recht hart getroffen. 3,8 Millionen Menschen haben sich bislang infiziert, mindestens 120 000 sind ums Leben gekommen. Auf Fernando de Noronha ist man froh, dass es hier bislang nur 93 Menschen erwischte, gestorben ist niemand, und das soll auch so bleiben. Nur das Geld der Touristen, das fehlt halt schon. Ab 1. September dürfen deswegen wieder Reisende ins Paradies - allerdings nur solche, die eine überstandene Covid-19-Infektion nachweisen können.

Der Hintergedanke: Wer die Krankheit schon hatte, der ist, so der wissenschaftliche Konsens, zumindest eine Zeit lang immun und kann das Virus nicht mehr weitertragen. Zwar verunsichern immer wieder Meldungen reinfizierter Patienten, doch der Verwalter des Archipels, Guilherme Rocha, versichert, dass man sich streng an wissenschaftliche Erkenntnisse halte: "Fälle von Reinfektionen sind sehr selten und sehr umstritten." Mit einem PCR-Test oder einem Antikörpertest können Touristen jetzt ihre Zugangsberechtigung nachweisen, mindestens 20 Tage vor Ankunft sollten sie durchgeführt worden sein. Man könnte auch sagen: Nur die Harten kommen in den Garten.

Und ist das nicht tröstlich? Wer Covid-19 hatte, der hat ja genug durchgemacht, und ein schöneres Reha-Zentrum kann man sich eigentlich nicht vorstellen: weiße Strände, türkisblaue Atolle, ein Refugium für seltene Tierarten, das zum Weltkulturerbe ernannt wurde wegen seiner großen Delfin- und Schildkrötenpopulationen. Mit dem 300 Meter hohen Morro do Pico ragt ein monumentaler Felsen aus dem Dschungel.

Naturforscher Charles Darwin ist hier übrigens auch schon rumgekrochen. Im Februar 1832 kam der damals noch junge Evolutionstheoretiker auf einer jahrelangen Schiffsreise an der Insel vorbei und krabbelte staunend durchs Unterholz, wie er in seinem Tagebuch notierte. "Die Landschaft war wunderschön." Dass Darwin zeitlebens ein sehr kränklicher Mann war? Wahrscheinlich einfach nur Zufall.

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