Süddeutsche Zeitung

Zoo:Die neue Polarwelt im Tierpark Hellabrunn ist eröffnet

Lesezeit: 3 min

Von Philipp Crone

Howie, dieser dunkle 360-Kilo-Koloss von einer Mähnenrobbe, will spielen. Und zwar mit Christine Strobl (SPD). Die Aufsichtratsvorsitzende von Hellabrunn hat dem Tier am Freitagvormittag gerade einen Eimer mit fünf Kilo Heringen kredenzt und versucht, jeden Fisch so zu füttern, dass es auf den Fotos der Fotografen nett aussieht. Der zehn Jahre alte Howie hat ihr dabei auch brav die Flosse gegeben und sich damit quasi bedankt für das neue Becken und das neue Gehege, in dem sich die beiden gerade befinden.

Kurz danach allerdings ist der Eimer schon leer und Strobl macht sich auf den Weg zum Ausgang, denn die Polarwelt hat ja noch weitere neue Gehege und Bewohner bekommen. Howie und sein Mitbewohner Pepe sind vor allem mit dem sich entfernenden Eimer nicht einverstanden und robben so zügig hinterher, dass Strobl ein bisschen blass ist, als sie dann draußen ist und die Gittertüre zu. Pepe und Howie grunzen ein paar Mal entrüstet und hüpfen dann ins Wasser.

Mehr Lärm machen da schon die Königspinguine von gegenüber, die neuerdings auch zu hören sind. Ihr Geschrei wirkt an diesem Tag fast, als wären sie beleidigt. Aber bei den Vögeln ist eben nur die Akustik neu, bei den anderen Polartieren viel mehr.

Nach zwei Jahren Bauzeit mit etwas Verzögerung und mit Kosten von 4,9 Millionen Euro eröffnen Strobl und Münchens Tierparkchef Rasem Baban an diesem Vormittag den 3500 Quadratmeter großen Bereich. Mit der neuen Polarwelt sei nun "die erste in sich geschlossene Geozone vollendet", sagt Baban. Die kalifornischen Seelöwen, eben aus einer anderen Zone, wurden abgegeben, und an der Stelle, wo sie ihr Becken hatten, sind nun Eulen, Hasen und Füchse beheimatet. Baban steht in der Robben-Arena und zeigt auf das grün schimmernde Becken.

"Kristallklar" nennt er das Wasser. Grün ist nur der Beckenboden, weil man darauf einen leichten Algenteppich gezüchtet hat, damit die Tiere nicht vom Sonnenlicht geblendet werden, das vom Boden reflektiert wird. Howie und Pepe sind dann bei ihrem feierlichen Eröffnungssatz ins Wasser auch wunderbar unter Wasser zu sehen, ehe sie Strobl und den Eimer ins Visier nehmen.

Die teuerste Neuerung ist jedoch gar nicht sichtbar. Das Wasser im Robbenbecken, 1100 Kubikmeter, wird durch eine Filteranlage gereinigt, die das gesamte Wasser in zweieinhalb Stunden durch verschiedene Reinigungsbecken filtert. Bislang musste alle paar Wochen das Becken abgelassen und mit chemischen Reinigungsmitteln per Hand gesäubert werden.

So ein Aufwand ist für den Polarfuchs nicht nötig. Das sieben Jahre alte Männchen Yaqui aus Amsterdam hat nun einen gleichaltrigen Partner dazubekommen, Weibchen Linda aus Senftenberg. Die beiden laufen in Ruhe ihr neues Terrain ab und lassen sich nicht von den ersten Besuchern stören, die über einen etwa einen halben Meter hohen Holzsteg durch das Gehege gehen können.

Auf der einen Seite die Füchse, auf der anderen drei Schneehasen, zu denen Baban im Scherz sagt: "Kann da mal jemand die Batterien austauschen, die bewegen sich nicht mehr." Die Hasen sind grau, im Winter wird ihr Fell weiß, und die Nachbarschaft zu ihrem natürlichen Fressfeind scheint sie nicht weiter zu stören. Zumindest sind alle sechs Löffel akkurat angelegt und signalisieren: Entspannungsmodus.

Am Ende des Stegs geht es durch einen Vorhang in die neue Voliere der beiden neu in München angekommenen Schneeeulen. Das Männchen Harry mit dem etwas weißeren Gefieder und Weibchen Hedwig sind auch von außerhalb der Voliere zum Greifen nah. Ein neuartiges Netzsystem ist hier erstmals in München eingesetzt worden. Senkrechte dünne Stahlseile im Abstand von einigen Zentimetern trennen Vogel und Besucher.

Die 1975 erbaute Polarwelt ist nun also umgestaltet, besser zugänglich, hat Lerntafeln und auch eine Wärmebildkamera. Auf der sehen Besucher, wo sie Wärme verlieren und können diese Bilder mit denen von Polartieren vergleichen, die perfekt isoliert sind. Howie, die Mähnenrobbe, hat eine zehn Zentimeter dicke Fettschicht und verliert nur an den Augen und der Nase Wärme. Er liegt nach dem Auftritt am Beckenrand, den Kopf auf einem Stein abgelegt, und muss das alles erst mal sacken lassen, die Besucher, das klare Wasser - und natürlich die Heringe.

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Quelle:
SZ vom 09.09.2017
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