Süddeutsche Zeitung

Skifahren im Landkreis:Die Sorgen der kleinen Liftbetreiber

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Noch halten sich ein paar familiengeführte Einrichtungen. Während in Beuerberg nach drei Jahren Pause wieder die Saison angelaufen ist, kämpfen die Pessenbacher Ötzlifte um ihre Existenz. Der Gaißacher Reiserlift soll am 23. Dezember in Betrieb gehen.

Von Benjamin Engel, Bad Tölz-Wolfratshausen

Am Brauneck muss es nur kalt genug sein, damit das weit verzweigte Beschneiungssystem den Saisonstart möglich macht. Die kleinen Liftbetreiber in der Region aber brauchen zusätzlich ausreichend Naturschnee. In Beuerberg gibt es derzeit genug davon, so dass der seit 1971 familienbetriebene Lift am Osthang seit dem Wochenende läuft. Dafür ist der mittlerweile 86-jährige Otto Mannheim in die selbst konstruierte Pistenraupe gestiegen, um die Abfahrt zu walzen. Gemeinsam mit seinen beiden Töchtern und seiner Frau hat er die Parkplätze geräumt und die Liftspur freigeschaufelt. Die Schneekanone einzusetzen wäre viel zu zeitaufwendig und wegen des vorausgesagten Wärmeeinbruchs viel zu unsicher gewesen.

An den Ötzliften bei Kochel am See können sich die Betreiber künstliche Beschneiung nicht leisten. Der Reiserlift in Gaißach kündigt den Saisonstart für 23. Dezember an.

Mit einer langfristigen Kälteprognose hätte die Familie Mannheim ihre Schneekanone in jedem Fall eingesetzt. Das sagt Tochter Claudia Mannheim auf Nachfrage. "Die Fixkosten für TÜV und Reparaturen laufen weiter." Schon drei Winter lang stand die vor allem bei Familien mit Kindern aus dem Umland beliebte Anlage still. Erst war kein Schnee da, dann bremste die Pandemie die Betreiber aus, obwohl es gegangen wäre - und dann fehlte schon wieder die Unterlage. Momentan freue sie sich mit ihrer Familie, dass der Lift dank Naturschnee laufen könne - während der Woche bis Weihnachten nur nachmittags zwischen 13 und 16 Uhr, in den Ferien wieder von 9 Uhr an, wenn der Schnee auch die kommende Wärme übersteht.

Doch in Beuerberg mit einer Schneekanone zu beschneien ist ungleich umständlicher als am Lenggrieser Hausberg. "Am Brauneck können sie innerhalb von zwei Tagen und Nächten das ganze Skigebiet beschneien", sagt Tochter Claudia Mannheim, die mit ihrer Schwester Sabine Vieweg auch die Skischule Beuerberg leitet. "Davon sind wir weit entfernt, der Aufwand ist viel größer." Das fange schon mit dem dafür verwendeten Leitungswasser an, das wärmer sei als das eingesetzte Gebirgsbachwasser im Lenggrieser Skigebiet. Zudem müsse die einzige Schneekanone am Beuerberger Hang immer wieder aufwendig umgesetzt werden. "Wir brauchen fast eine Woche für die ganze Piste", sagt Claudia Mannheim.

Gleichzeitig muss die Familie Mannheim wegen der gestiegenen Energiekosten die Preise etwas erhöhen, aber nur moderat, wie Mannheim sagt. "Alles ist teurer geworden." Allerdings stelle der Burschenverein das Aggregat für die Schneekanone bereit. Und auch der Erdölverbrauch des Lifts sei nicht so hoch, dass die Kosten ganz aus dem Ruder liefen. Die Gäste müssten ein bis zwei Euro mehr ausgeben. "Wir sind ein bezahlbarer Kinder- und Familienskilift", meint Mannheim.

Am Beuerberger Hang finden auch die Skikurse für Kinder statt, wenn genügend Schnee liegt. Sonst geht es nach Lenggries. Heuer sind die Skikurse für Weihnachten laut der Homepage bereits fast ausgebucht. Das Personal dafür zu finden war ungleich schwerer. "Ich glaube, es gibt keine Skischule, die heuer nicht Verstärkung sucht", sagt Claudia Mannheim. Als die Saison in der Pandemie ausfiel, hätten sich viele anderweitig orientiert. Die Preise für die Kurse sind leicht gestiegen und die Skischule zahlt ihren Lehrern je nach Erfahrung auch zwei bis drei Euro mehr pro Stunde.

"Drei Winter in Folge keine Einnahmen"

Die Ötzlifte am Rabenkopf in Pessenbach bei Kochel am See stehen nach drei Saisons ohne Skibetrieb dagegen fast schon vor dem Aus. Die Betreibergemeinschaft hat nicht das Geld, um sich ausreichend Schneekanonen für die Pisten in Höhenlagen von 650 bis 850 Metern zu leisten. Momentan langten die 15 bis 20 Zentimeter Naturschneeauflage noch nicht, um die Saison starten zu können, sagt Michael Krinner. Die Hänge seien steiler als in Beuerberg, weswegen es mehr Schnee brauche, um präparieren zu können. "Drei Winter in Folge hatten wir keine Einnahmen." Aus Eigenmitteln seien die Lifte kaum noch zu betreiben. Deswegen hat die Betreibergemeinschaft aus vier Personen, von denen einer Krinner ist, bei der Gemeinde Kochel am See um finanzielle Unterstützung angefragt. Lehne die Kommune ab und falle der Skibetrieb auch diese Saison aus, dann stünden auch die Ötzlifte kommendes Jahr vor dem Aus. Jetzt hoffe er, dass der Winter doch noch streng genug werde, damit die Lifte laufen könnten. 14 Tage Betrieb brauche es, um wirtschaftlich klarzukommen, so Krinner.

Der Gaißacher Reiserlift auf der gegenüberliegenden Talseite von Blomberg und Zwiesel existiert seit 1968. "Mein Opa hat den gebaut", sagt Georg Gerg. Zur Beschneiung gibt es eine gebraucht erworbene Anlage mit mehreren Kanonen und Lanzen. Laut der Homepage ist der voraussichtliche Saisonstart am 23. Dezember. Der Reiserlift läuft mit Diesel. Dass alles teurer werde, wirke sich natürlich aus, sagt Gerg. Eins zu eins habe er die Preise aber nicht auf die Skifahrer umlegen können. So zahlen Erwachsene heuer 22 statt 20 Euro für die Tageskarte, Kinder unter 16 aktuell 18 statt 16 Euro. Gleichzeitig arbeite die Familie eng mit dem Skiclub Gaißach zusammen, der Sonderkonditionen habe.

Gerg spricht von einem Familienbetrieb. Zum Hof gehöre eine Landwirtschaft. Der Lift stehe auf dem eigenen Grund für das Vieh. Gerade wenn das Brauneck überfüllt sei, wichen viele Skifahrer gerne auf den Reiserlift aus, sagt der Betreiber. Es sei ein Gebiet der kurzen Wege mit "griabiger Einkehr". Und das solle auch so bleiben. "Der Lift gehört einfach zur Landwirtschaft dazu."

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