Süddeutsche Zeitung

Leben im Alter:Bau-Gewerkschaft warnt vor "grauer Wohnungsnot"

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Im Landkreis könnten Rentner künftig nicht nur Probleme haben, seniorengerechte Wohnungen zu finden. Durch die steigenden Kosten sind sie auch stärker armutsgefährdet.

Von Hannah Mosbach, Bad Tölz-Wolfratshausen

Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) befürchtet ein gravierendes Defizit an Seniorenwohnungen. Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen würden in zwanzig Jahren 6100 altersgerechte Wohnmöglichkeiten fehlen, erklärt sie in einer Pressemitteilung. Denn dann würden im Landkreis Berechnungen zufolge rund 36 700 Menschen, die Baby-Boomer-Generation, zur Altersgruppe "67plus" gehören - das seien rund 10 600 mehr als heute. Bei diesen Zahlen beruft sich die Gewerkschaft auf das Pestel-Institut, das im Rahmen einer Studie zur künftigen Wohnsituation von Senioren bundesweit die Bevölkerungsentwicklung in den Städten und Kreisen für den Bundesverband des Deutschen Baustofffachhandels (BDB) ermittelt hat. Nach Angaben des Instituts benötigen bereits heute mehr als 4600 Haushalte im Kreis eine Seniorenwohnung.

Mit Blick auf die kommende geburtenstarke Rentnergeneration steuert man laut Harald Wulf, dem Bezirksvorsitzenden der IG Bau Oberbayern, "sehenden Auges" auf eine "graue Wohnungsnot" zu. Neben dem Mangel an altersgerechten Wohnungen befürchtet die Gewerkschaft für die Baby-Boomer zusätzlich eine zunehmende Altersarmut durchs Wohnen: Einerseits bestehe die Gefahr eines sinkenden Rentenniveaus, andererseits stiegen die Kosten fürs Wohnen.

Mieter seien dabei genauso betroffen wie Menschen mit Wohneigentum, wenn bei diesem etwa Sanierungen fällig würden. "Wenn die Wohnkosten weiter in dem Tempo der letzten Jahre steigen, werden viele Senioren, die damit heute längst noch nicht rechnen, ihren Konsum einschränken müssen. Ältere Menschen werden die hohen Mietpreise oft kaum noch bezahlen können. Für viele wird es dann finanziell richtig eng. Deshalb werden auch im Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen künftig deutlich mehr Menschen als heute auf staatliche Unterstützung angewiesen sein, um überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben", so Wulf.

Um den Wohnungsmarkt besser auf die kommende Rentnergeneration vorzubereiten, fordert die IG BAU, dass mehr preiswerter, altersgerechter Wohnraum geschaffen wird. Für den Neubau von Seniorenwohnungen, aber auch die altersgerechte Sanierung bestehender Wohnungen ist laut Wulf deutlich mehr Geld erforderlich, an dessen Bereitstellung sich alle - Kommunen, Land und Bund - beteiligen müssten.

Das Bundesbauministerium stelle in diesem Jahr Förderungen von 75 Millionen Euro für den altersgerechten Umbau von Wohnungen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zur Verfügung. Dieses Geld reicht laut Wulf aber bei Weitem nicht: Im vergangenen Jahr sei die gleiche Summe bereitgestellt und bereits nach sechs Wochen erschöpft worden, betont er. Zusätzlich zu dem geforderten Mehr an Geldern schlägt die IG BAU eine Selbstverpflichtung für große Wohnungskonzerne vor: Diese sollten sich auferlegen, mindestens 20 Prozent freiwerdender Wohnungen altersgerecht umzubauen.

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