Süddeutsche Zeitung

Oberbayern:Die Jachenau wird zugeparkt

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Von Klaus Schieder, Jachenau

Vor mehr als einem Jahrzehnt war die Jachenau noch ein eher abgeschiedenes Tal hinter Lenggries, das aus der Zeit gefallen wirkte. Sofern nicht gerade ein Auto hindurchfuhr. Die Zahl der Fahrzeuge nahm nur im Herbst erheblich zu, wenn die Wandersaison begann. Ansonsten war alles ziemlich still. Das hat sich inzwischen geändert. Der Ausflugsverkehr, der im Sommer schon seit Jahren das Südufer am Walchensee verstopft, hat auch die Gemeinde Jachenau erreicht. Mit der Folge, dass das Dorf allenthalben zugeparkt wird. Dem Problem wollen Bürgermeister Georg Riesch (Freie Wähler Gemeinschaft) und der Gemeinderat nun mit einer Art Gesamtstrategie begegnen. "Das Thema ist sehr komplex", seufzt Riesch.

Die Kommune befindet sich in der Zwickmühle. Zum einen lebt sie von Touristen und möchte sie nicht mit Strafzetteln vergraulen, andererseits muss sie aber auch die Bedürfnisse der Einheimischen beachten, die nicht mehr aus zugeparkten Hofeinfahrten kommen oder Gehwege kaum noch nutzen können. Und dann ist da auch die Natur: Viele Flächen sind in der Jachenau geschützt, sie können deshalb nicht einfach in Parkplätze umgewandelt werden. Die Gemeinde würde damit auch genau das Pfund verlieren, mit dem sie bei den Gästen wuchern kann - die landschaftliche Schönheit. "Das ist alles anders als ein Thema, das man in fünf Minuten erledigen kann", betont Riesch.

Für Wanderer, die mittlerweile das ganze Jahr über kommen, hat die Kommune schon vor fünf, sechs Jahren ein paar zusätzliche Stellflächen geschaffen. Im Ortsteil Laich zum Beispiel. Oder in Niggeln für all jene Besucher, die zur Staffelalm wollten. Auch in Petern, wo Gäste parken können, die zur Benediktenwand wandern. "Wir werden sehen, wo wir noch etwas machen können", meint der Bürgermeister. Unter anderem schwebt ihm und dem Gemeinderat ein Ausbau des Parkplatzes am Wertstoffhof und der Schule vor, etwa zwei Kilometer außerhalb des Dorfes. Dort könnten Touristen ihr Auto abstellen, die ihr Fahrrad mitbringen, denn sie müssten ja nicht unbedingt bis ins Dorf hinein fahren, so Riesch. Das Problem: Der Parkplatz muss erst einmal an einen Radweg angebunden werden, damit die Besucher dann nicht doch auf der Straße radeln.

Schwierigkeiten werfen auch Autofahrer auf, die im Dorf parken. Zum Beispiel in der scharfen Kehre zwischen dem Schützenhaus und der "Post". An schönen Tagen sei dort alles zugestellt, sagt Riesch. Das ist auch erlaubt. Allerdings kann die Jachenauer Feuerwehr, die ihren Sitz schräg gegenüber vom Dorfladen hat, ihr Löschfahrzeug oft nur mit zeitraubendem Rangieren auf die Staatsstraße 2072 bringen, weil eben Autos am gegenüberliegenden Straßenrand stehen. In diesem Abschnitt sollen nun doch Halteverbotsschilder aufgestellt werden, was die Gemeinde mit dem Landratsamt abklären will. Aus dem Dorf ein einziges Parkverbot machen - das möchte Riesch allerdings nicht: "Dann stellen die Leute ihr Auto ja bei nächster Gelegenheit irgendwo ab."

Als die Ortsdurchfahrt vor Jahren asphaltiert wurde, gab es von der "Post" bis zum ehemaligen Rathaus einen 50 Zentimeter niedrigen Zaun, der den gekiesten Geh- und Radweg vom einem zwei Meter breiten Grünstreifen neben der Fahrbahn trennte. Aber davon kam die Gemeinde wieder ab. Zum einen deshalb, weil die neben dem Zaun abgestellten Autos halb auf der Straße standen. Aber auch, weil dieses Holzgatter allmählich verfiel. Eine solche Abgrenzung soll nun aber auf 50 Meter Länge im Dorf wieder entstehen. "Weil man dann in die privaten Hofbereiche nicht mehr reinparken kann", so Riesch.

Der Bürgermeister möchte das Verkehrsproblem im Einklang lösen. Mit den Behörden, mit den Jachenauern. Ein paar Grundstückseigentümer hat er ob möglicher Parkflächen schon angesprochen, wobei er weder auf Begeisterung noch auf eine Blockadehaltung stieß. Notwendig sei jetzt eben ein Konzept, sagt er. So gut es geht. "Alles wird man damit aber auch nicht abdecken können."

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SZ vom 08.06.2018
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