Süddeutsche Zeitung

Long Covid:"Die Hilflosigkeit wird von den Behandlern oft geteilt"

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Jörg Lohse, ärztlicher Corona-Koordinator, über Möglichkeiten und Perspektiven der Behandlung von Langzeitfolgen einer Covid-19-Infektion.

Interview von Felicitas Amler, Bad Tölz-Wolfratshausen

Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen hat zusammen mit dem Institut für Allgemeinmedizin am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München und dem ärztlichen Corona-Koordinator für den Landkreis, dem Münsinger Arzt Jörg Lohse, die Long-Covid-Studie "Covitölz" erstellt. Die Ergebnisse wurden im Juni veröffentlicht. Demnach haben 15 bis 20 Prozent der Patientinnen und Patienten noch immer Beschwerden, obwohl die Infektion bei ihnen bereits mehr als anderthalb Jahre zurückliegt. Die SZ sprach mit Lohse.

SZ: Herr Lohse, welche konkreten Schlussfolgerungen oder Konsequenzen werden aus der Covitölz-Studie hier im Landkreis gezogen?

Jörg Lohse: Basierend auf den ersten Erkenntnissen unserer Studie sind mit dem Klinikum Rechts der Isar erste Überlegungen im Austausch, den Betroffenen Hilfestellungen an die Hand zu geben. Der Weg ist noch lang, da das Wissen um die Ursachen sehr vielfältig ist, aber noch kein schlüssiges Gesamtbild ergibt, auf dem dann gezielte Therapie aufbauen kann.

Gibt es inzwischen eine Selbsthilfegruppe Long Covid oder Post Covid im Landkreis oder in einem der Nachbarlandkreise?

Selbsthilfegruppen in unserem Landkreis sind meines Wissens noch nicht entstanden, aus den Nachbarlandkreisen ist mir leider ebenfalls nichts bekannt.

Gibt es eine auf Long Covid spezialisierte Ärztin/einen Arzt im Landkreis?

Es gibt keine spezialisierte Long-Covid-Schwerpunktpraxis oder spezialisierte Ärzte im Landkreis. Patienten werden nach wie vor bei den Hausärzten, gelegentlich bei Fachärzten, selten in spezialisierten Einrichtungen betreut.

Haben die Kliniken hier Long-Covid-Spezialisten und -Spezialistinnen?

An großen Kliniken entstehen derzeit Spezialambulanzen für das Long-Covid-Syndrom, zu nennen wären hier Großhadern, Rechts der Isar, Isar Amper Klinikum in Haar, städtisches Klinikum Harlaching. Hierbei kristallisieren sich Schwerpunkte für die einzelnen Ambulanzen heraus. Es werden in diesen Institutionen auch Patienten unseres Landkreises betreut, da wir selbst nicht über eine solche Spezialisierung verfügen.

An wen konkret verweisen Sie Patientinnen und Patienten mit dieser Diagnose? Betroffene fühlen sich oft hilflos.

Vielfach erfolgt eine Rehabilitationsbehandlung in entsprechenden Reha-Kliniken, für die allerdings eine lange Wartezeit besteht und in denen die Therapieangebote sehr unterschiedlich sind. Die gewisse Hilflosigkeit der Betroffenen wird von den Behandlern oft geteilt, wobei beide (Beteiligte und Behandler) oft bereits durch das Geschehen der Erkrankung angeschlagen und erschöpft sind, sei es durch eigenes Betroffensein, jahrelange Überlastung oder - Kliniken und Arztpraxen - durch Personalmangel.

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