Süddeutsche Zeitung

Aktion für mehr Achtsamkeit:Zwischen Erholung und Naturschutz

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Nach "Charmant miteinand" will der Landkreis nun mit einer neuen Kampagne vor allem Tagestouristen, aber auch Einheimische für einen achtsamen Umgang mit der Umwelt sensibilisieren.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Noch sind die Frühlingstage kalt und oft trübe, weshalb die Zahl der Ausflügler im Landkreis bislang überschaubar geblieben ist. Das dürfte sich jedoch bald wieder ändern. Im Vorjahr hatte der Tagestourismus in der Corona-Pandemie stark zugenommen und für erheblichen Ärger zwischen Anwohnern und Gästen geführt, zum Beispiel in Kochel am See und am Walchensee. Mit der Kampagne "Charmant miteinand" versuchte der Tölzer Land Tourismus gegenzusteuern und vor allem auf die Bedeutung des Fremdenverkehrs für die Wirtschaft im Landkreis hinzuweisen. Nun gibt es eine zweite Kampagne, die eher den achtsamen Umgang mit der Umwelt in den Fokus rückt Der Titel: "Naturschutz beginnt mit Dir".

"Wir wollen erklären, wie man das unschätzbare Gut Natur schützen kann - das gilt nicht nur für Touristen, sondern auch Einheimische", sagte Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) bei der Präsentation des Projekts in einer Videokonferenz. Mit "Charmant miteinand" habe man erklärt, dass der Tourismus ein "nicht unerheblicher Teil" der Wertschöpfung im Landkreis sei, der nicht alleine Hotellerie und Gastronomie umfasse, sondern auch Betriebe, die "sekundär und tertiär" davon profitierten. Mit der zweiten Kampagne gehe es nun um "den respektvollen Umgang" mit der Natur. Eine Corona-konforme Erholung hat sich Niedermaier diesen Winter selbst gegönnt. "Ich war so viel auf Langlaufskiern in der Heimat unterwegs wie schon lange nicht mehr", erzählte er.

Die neue Sensibilisierungskampagne wird vom Tölzer Land Tourismus, der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt, den Städten Bad Tölz, Wolfratshausen und Geretsried, der Gemeinde Kochel am See sowie dem Wirtschaftsforum Oberland getragen. Sie baue auf "Charmant miteinand" auf, erklärte Christina Baier vom Tölzer Land Tourismus. Schon im Vorjahr habe man damit ja nicht bloß das Gewicht des Tourismus im Auge gehabt, "das waren keine reinen Ausflugstipps oder nur eine Bewerbung der schönen Natur", sagte sie. Nun richte sich der Blick aber weniger auf die Wertschöpfung durch den Fremdenverkehr als auf Naturschutzbelange. Dies geschieht mit dem neuen Magazin "Leben spüren", das Geschichten und Hintergründe bieten und beispielsweise veranschaulichen soll, welch "Schatz der Natur" der Walchensee sei. Ebenfalls neu ist "Bei uns daheim" mit einem Gastgeberverzeichnis und die Ausgabe "Kulinarisches", die eine Schmankerlreise umfasst. Überdies sollen acht großflächige Plakate die Durchreisenden im Landkreis auf die Kampagne aufmerksam machen. An den Ortseingängen von Bad Tölz sind zudem Info-Schilder vorgesehen. Im Internet gibt es eine Landing Page ( www.dein-toelzer-land.de), unter anderem mit einer interaktive Karte der Schutzgebiete im Landkreis, Verhaltenstipps, Vorstellung der Isar-Ranger und von Naturschutzorganisationen sowie jahreszeitspezifischen Regeln im Umgang mit der Umwelt. Geplant sind auch Naturschutzvideos von Bergfotograf Bernd Ritschel und eine Hörfunk-Kooperation mit dem Bayerischen Rundfunk (Bayern 5). Zudem wird die Kampagne in den sozialen Medien gespielt. Und dies nicht immer bloß mit angenehmen Botschaften. Man plane auch Schock-Texte, sagte Baier. Zum Beispiel: "Ein Zigarettenstummel vergiftet 40 Liter Trinkwasser."

Den pädagogischen Zeigefinger wolle man jedoch nicht heben, betonte Franz Steger, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde. Deshalb stehe hinter dem Titel "Naturschutz beginnt mit Dir" auch kein Ausrufezeichen. Das Projekt lebe vom Mitmachen, nicht von der Belehrung, so Steger. "Mit vielen gemeinsamen Schritten schaffen wir eine große Wirkung." Für Andreas Wüstefeld muss sich der Tourismus neu aufstellen. Die Corona-Pandemie habe die Probleme lediglich verschärft, die schon zuvor virulent waren, etwa die mangelnde Akzeptanz von Hotelprojekten, sagte der Leiter des Tölzer Land Tourismus. Dabei betrage der Brutto-Umsatz, der im Landkreis durch den Tourismus erzielt werde, rund 335 Millionen Euro pro Jahr. 51 Prozent der Gäste seien Tagestouristen.

Ob die Kampagne geeignet ist, dass respektlose Ausflügler über ihr Verhalten in der Natur nachdenken? "Wir würden es nicht machen, wenn wir nicht glauben, die Leute sensibilisieren zu können", so Steger. Andererseits wird das Projekt nicht die Aufklärungsarbeit der Isar-Ranger ersetzen. Das weiß auch Wüstefeld: "Die Ranger sind das Gesicht dieser Sache." Aber mit der Kampagne habe man eine Reise begonnen - "der erste Schritt ist getan".

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SZ vom 20.04.2021
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