Süddeutsche Zeitung

Interview mit der ADFC-Sprecherin:"Mehr an die Verkehrswende denken"

Lesezeit: 3 min

Radlerclub-Vorsitzende Josefine Hopfes nennt Situation im Geretsrieder Zentrum ein Problem

Von Felicitas Amler

Josefine Hopfes, 68, Buchhalterin in Rente, ist mit Birgit Sachers Kreisvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Die Geretsriederin ist passionierte Radlerin, im Alltag wie auf Reisen. Die Probleme, die in der ADFC-Umfrage kritisiert werden, kennt sie aus eigener Erfahrung.

SZ: Frau Hopfes, Sie wohnen in Gartenberg, sind also ganz nah dran an den Brennpunkten, die in der Umfrage massiv angeprangert werden: die Gefahrenstellen an der Kreuzung von B 11 und Blumenstraße und der Karl-Lederer-Platz. Wie sehen Sie die jeweilige Situation?

Josefine Hopfes: Es ist schade, dass unsere Stadt nicht ein bisschen mehr an die Verkehrswende denkt; es wird mehr Radfahrer geben. Die Stadträte hatten es schon in der Hand, als die Schwaigwaller-Bach-Unterführung gebaut wurde. Da haben sie die Radfahrer nicht beachtet. Und am Karl-Lederer-Platz ist es dasselbe Problem.

Was wäre die Lösung?

Unterführungen. In beiden Fällen.

Eine Antwort in der Befragung lautete: "Bürgermeister, Bauamt und Stadträte müssen sich mehr 'rund um das Fahrrad' bemühen." Richtig?

Ja, richtig!

Wenn Sie an den politischen Hebeln säßen, was würden Sie verbessern?

Ja, wie gesagt, diese Brennpunkte. Und ich würde insgesamt auf die Radfahrer mehr Gewicht legen. Nicht nur schauen, dass die Autos alle ihre Parkplätze bekommen. Wenn ich an die Banater Straße denke, wo 780 Wohnungen gebaut werden: Die Stadt sollte hier auch den Bauherrn in die Verantwortung nehmen, in der Weise, dass er Grund für Fußgängerwege und eigene Wege für Radfahrer abtritt.

War der ADFC in die Neugestaltung des Stadtzentrums einbezogen?

Ja, es gab vor ein paar Jahren ein Treffen und es wurden Diskussionen geführt über die Gestaltung des Karl-Lederer-Platzes. Ich war für den ADFC dort und habe unsere Vorschläge eingebracht.

Dennoch ist es unbefriedigend gelöst.

Ja, das, was sie da gemacht haben mit dieser Umleitung beim Rathaus, ist schwer zu verstehen.

Dazu sind Sie nicht gefragt worden?

Wir haben natürlich eine Stellungnahme abgegeben. Ich habe geschrieben, dass eine Unterführung die sicherste und direkte Lösung ist. Jetzt müssen die Radler die Einfahrtsstraße zum Karl-Lederer-Platz und die Ausfahrt zur B 11 - das sind zwei Fahrspuren - überqueren. Das heißt, sie müssen unter Umständen absteigen. Wenn man eine Sonntagstour macht, kann man das hinnehmen. Aber wir wollen, dass der Alltagsradverkehr schnell durchkommt.

Mehrmals wird in der Umfrage kritisiert, Geretsried sei zwar der Arbeitsgemeinschaft "Fahrradfreundliche Kommune" beigetreten, habe aber nichts verbessert.

Ja, es muss eine zusätzliche Kraft eingestellt werden, die das Sachgebiet mit abdeckt. Ich habe gehört, dass jetzt ein Mitarbeiter gesucht wird, der die Aufgaben für die fahrradfreundliche Kommune erfüllt.

Radfahrer fühlten sich in Geretsried als "Störenfriede", heißt es; manche Gefahrenstellen seien "kriminell" und "eine absolute Katastrophe". Das klingt, als müsse sehr schnell gehandelt werden.

Wir haben schon unsere Gefahrenstellen. Es ist bei Weitem nicht optimal. Aber dass man nicht auf Anhieb überall den perfekten Radweg hat, ist klar.

Andere monieren, Geretsried habe viel getan für Fahrrad-Fernreisende, aber zu wenig für den alltäglichen Fahrradverkehr.

Ja, sie haben etwa den Isar-Radweg hier von der Blumenstraße nach Wolfratshausen verlegt, weil er zu nahe an das Isarhochufer führte. Der ist jetzt schön breit.

Sie kommen ja auf Radtouren viel rum - welche Kommune hat Ihrer Ansicht nach ein vorbildliches Radwegenetz?

Wir waren im Münsterland. Das ist hervorragend. Die haben in der Stadt eine richtige Tiefgarage nur für Fahrräder - mit Reparaturstation. Das ist natürlich bei uns noch nicht so weit. Aber man muss auch was tun, damit die Leute sagen, da fahre ich doch lieber mit dem Radl, kann vor der Haustür des Geschäfts "parken", muss nicht dreimal rumfahren und muss keine Parkgebühren bezahlen.

Wie viel fahren Sie mit dem Rad?

Sehr viel. Ich fahre Touren. Wir haben dieses Jahr zwei mehrtägige Touren im Programm, eine im Osten Deutschlands, an der polnischen Grenze von der Neiße bis zur Ostsee, und den Donau-Radweg von Donaueschingen bis Passau. Und wir bieten jede Woche mindestens eine Tour an.

Und im Alltag - erledigen Sie viel in Geretsried mit dem Rad?

Alles, ich erledige alles mit dem Fahrrad, außer ich muss Getränke besorgen.

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SZ vom 09.04.2021
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