Süddeutsche Zeitung

In den sozialen Medien:Fake News über eine Tote

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Unbekannte erfinden einen Bezug zu Corona-Impfung und verbreiten das auf Facebook

Von Felicitas Amler, Wolfratshausen

Der Wolfratshauser Polizeichef Andreas Czerweny nennt diesen Fall nur traurig: Eine 39-jährige Frau ist plötzlich und unerwartet gestorben, und die Familie sieht sich im Internet mit einem Foto der Angehörigen samt einem erfundenen Text konfrontiert. "Am Freitag geboostert worden und am Samstag verstorben", wird da fälschlich behauptet; dazu werden familiäre und berufliche Details genannt. Die Schwester der Toten, die dies auf Facebook entdeckt hat, antwortet im selben sozialen Netzwerk: "Diese Dinge, die dort auf dem Zettel stehen, stimmen nicht." Sie verwahrt sich vor dieser "Respektlosigkeit" und versucht, über Facebook herauszufinden, wer die Falschnachricht auf Flugblätter geschrieben und im Netz verbreitet hat. Die Polizei ermittelt.

Hilferuf geht viral

Die Ansätze dafür scheinen jedoch schwierig zu sein. Denn was auf Facebook nach einem Flugblatt in einer Plastikhülle aussieht, das mit Kabelbinder an einem Pfosten befestigt wurde, das haben bisher weder die Familie noch die Polizei in Händen gehalten, wie der Wolfratshauser Polizeichef erklärt. Daher könne er auch nicht sagen, wo die gefälschte Nachricht verbreitet wurde. Die Polizei glaube, sagt Czerweny und betont das Wort "glauben" nachdrücklich, wären viele Flugblätter aufgehängt gewesen, wäre auch eines bei der Polizei abgegeben worden. Umso mehr, als die Schwester der Verstorbenen auf Facebook inständig um Hilfe und Mitteilung gebeten hatte und dies inzwischen viral gegangen ist. Der Post wurde mehr als 700 Mal auf Facebook "geteilt", und es gibt mehr als hundert Kommentare dazu - Mitleidsbekundungen und Ausrufe tiefer Empörung.

Auch das Foto gibt erst einmal keinen Hinweis auf den Absender. Denn dieser muss es keineswegs selbst besessen haben - es sei offenkundig eine Kopie aus dem Facebook-Profil der Toten, so die Polizei. Zwar kenne man den Account des Verbreiters der Fake-Nachricht, aber der müsse nicht unbedingt zur betreffenden Person führen: "Unsere Internetspezialisten versuchen es."

Das Delikt, dessentwegen die Polizei ermittelt, ist ein Vergehen nach dem Kunst-Urhebergesetz, so der Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern. Wenn das Bild einer Person ohne deren Einverständnis veröffentlicht werde, würden die Persönlichkeitsrechte verletzt, und dies gelte auch post mortem.

Da die relativ junge Frau unerwartet und ohne Vorerkrankungen gestorben war, hatte die Kriminalpolizei wegen eines ungeklärten Todesfalls ermittelt. Dies sei inzwischen abgeschlossen, so der Sprecher des Präsidiums, es habe laut Rechtsmedizin kein Fremdverschulden vorgelegen. Und es habe auch keine Hinweise auf einen Zusammenhang mit einer Corona-Impfung gegeben.

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Quelle:
SZ vom 05.02.2022
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