Süddeutsche Zeitung

"Wegschauen ist nicht die Lösung":Frauen warnen in Orange

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Gleichstellungsbeauftragte Felicitas Wolf und Unterstützerinnen starten Kampagne zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen.

Von Felicitas Amler, Bad Tölz-Wolfratshausen

Jeden dritten Tag stirbt in Deutschland eine Frau durch die Gewalt eines Mannes. Und neben diesen Femiziden gibt es noch viele Phänomene, deretwegen Menschenrechtsorganisationen den Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen geschaffen haben: Gewalt in den eigenen vier Wänden, sexuelle Belästigung, Menschenhandel, geschlechtsspezifische Diskriminierung. Gegen all dies kämpfen Einzelne, Vereine und Organisationen an dem internationalen Tag, der auch "Orange Day" genannt wird - es ist jedes Jahr der 25. November. Felicitas Wolf, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen, hat dazu am Freitag zusammen mit Gleichgesinnten eine Kampagne gestartet.

Vor dem Landratsamt wehen zwei blaue Fahnen von Terre des Femmes: "Frei leben ohne Gewalt". Davor stehen zehn Paar Schuhe nebeneinander, zwei sind schwarz, acht sind orangefarben. Sie symbolisieren die Situation in Deutschland: In acht von zehn Fällen sogenannter häuslicher Gewalt sind Frauen betroffen. Inspiriert wurde Wolf durch die 2009 begonnene Rote-Schuhe-Aktion ("Zapatos Rojos") der mexikanischen Künstlerin Elina Chauvet.

Der Wolfratshauser Verein Frauen helfen Frauen, der auch das Frauenhaus unterhält, ist ebenso an der Kampagne beteiligt wie der Soroptimist-Club Isartal und der Weiße Ring. Ziel sei es, die Aufmerksamkeit auf das Problem zu lenken, Zivilcourage und Hilfsbereitschaft zu fördern, sagt Wolf: "Wegschauen ist nicht die Lösung."

Dramatische Lage in Frauenhäusern

Ein deutliches Indiz der Lage ist die Situation von Frauenhäusern, die fast überall notorisch überlastet sind. Nicoline Pfeiffer, Sprecherin von Frauen helfen Frauen in Wolfratshausen, berichtet, ihr Haus habe im vergangenen Jahr 35 Frauen betreut. "Aber 48 Frauen mussten wir abweisen." Und in diesem Jahr sei die Situation noch einmal deutlich schlimmer - bisher habe man bereits 66 Frauen weiterschicken müssen. Wenn es gut gehe, könne ein Platz in einem anderen Frauenhaus vermittelt werden, erklärt Pfeiffer. Sie habe aber auch schon einen Fall gehabt, wo kein Platz zu finden gewesen sei - bundesweit.

Die Frauenhäuser in Oberbayern sind dünn gesät. So haben die Landkreise Starnberg, Miesbach und Weilheim-Schongau keine eigenen Frauenhäuser. Für Bad Tölz-Wolfratshausen bedeutet dies, dass bei Überbelegung im eigenen Kreis die nächsten Adressen Rosenheim und Murnau sind.

Die Tölzer Initiative zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen wird an diesem Samstag auf dem zentralen Omnibusbahnhof in Tölz am Isarkai präsent sein. Die Schuhparade ist außerdem vor dem Geretsrieder Rathaus und auf dem Sebastianisteg in Wolfratshausen zu sehen. An allen Stellen ist sie mit einem QR-Code versehen, der auf die Seite des Landratsamts führt. Dort wird die Frage, wie man sich an dem Tag beteiligen und etwas bewirken kann, beantwortet mit: "Verbreiten Sie das Bewusstsein. Tragen Sie Orange. Unterstützen Sie lokale Organisationen. Beteiligen Sie sich an Diskussionen. Setzen Sie sich für die Gleichstellung der Geschlechter in allen Lebensbereichen ein." Hervorgehoben ist schließlich der Appell: "Wenn Sie jemanden kennen, der Gewalt oder Missbrauch erlebt, bieten Sie Ihre Unterstützung an und ermutigen Sie ihn, sich an die zuständigen Behörden oder Unterstützungsorganisationen zu wenden."

www.lra-toelz.de/gemeinsam-gegen-haeusliche-gewalt

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