Süddeutsche Zeitung

Ende einer Ära:Abschied vom Kapitän

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Hermann Deger war elf Jahre lang Direktor des Geretsrieder Gymnasiums. Nun geht er in den Ruhestand. Kollegen, Schüler und der Landrat würdigen seine Leistungen.

Von Wolfgang Schäl

Geretsried - Es war ein Bild, das sich konsequent durch den ganzen Abend gezogen hat: Der Kapitän, der sein Kreuzfahrtschiff elf Jahre lang durch raue See gesteuert hat, geht von Bord. Der Dampfer, das ist das Geretsrieder Gymnasium, und der Mann, der auf der Kommandobrücke die Verantwortung getragen hat, ist Schulleiter Hermann Deger, der jetzt im großen Rahmen Abschied gefeiert und in der Aula der Schule das Steuerruder an seinen Nachfolger Christoph Strödecke übergeben hat - stilgerecht mit Kapitänsmütze und in Uniform. Zur Auflockerung zwischen den vielen Lobreden inszenierten "die Crew" und die "Passagiere", mithin Lehrer und Schüler, ein Begleitprogramm mit viel Musik und einer akrobatischen Darbietung zweier Schülerinnen, die eine Art vertikales Ballett an hängenden Tüchern vorführten. Die Filmgruppe des Gymnasiums zeigte am Ende die Bauarbeiten für den neuen Lehrertrakt in einem amüsanten Zeitraffer-Video.

Als Vertreter des Personalrats schilderte Peter Buchmeier die ersten Eindrücke aus dem Jahr 2007, als Deger die Leitung übernahm, und man sich in der Verwaltung und im Lehrkörper gefragt habe, "wie der Neue tickt". Deger sei dann zur ersten Versammlung aber gleich mit einer großen Gebäcktüte erschienen, die er zum allgemeinen Gebrauch auf den Tisch gepackt und damit sogleich seine lockere und offene Art unter Beweis gestellt habe. Man habe in dem promovierten Physiker Deger einen vielseitig interessierten und aufgeschlossenen Menschen angetroffen, aus dem "neue Visionen nur so herausgesprudelt" seien. "Man fühlte sich angenommen, und es hat viel Freiraum für Kreativität gegeben", lobte Buchmeier die Qualitäten des Direktors. Und Sachargumenten gegenüber sei er immer aufgeschlossen gewesen. Dies bestätigte auch Schülersprecherin Sabrina Lorenz: Deger habe "vieles ermöglicht" und sei immer offen gewesen für neue Ideen.

Mit einer sehr persönlichen und humorvollen Rede würdigte Christoph Henzler, Ministerialbeauftragter des Kultusministeriums und somit "der Vertreter der Reederei", die Leistungen Degers. Mit ihm gehe "einer der wirkungskräftigsten Direktoren" Bayerns in den Ruhestand. Dessen Anliegen sei es gewesen, "Physik zum Erlebnis werden zu lassen", eine Ambition, die er außerhalb der Schule auch mit seinen Auftritten in der Reihe Telekolleg vertreten habe. Deger habe sich "leidenschaftlich engagiert und erfolgreich eingebracht", auch in den pädagogisch unruhigen Zeiten - im zähen Ringen um das acht- und neunstufige Gymnasium.

Mit der Anrede "Sehr geehrter Herr Kapitän" wandte sich Landrat Josef Niedermaier an den scheidenden Direktor. Deger habe sich in schwierigen Jahren, "als die Schule eine Dauerbaustelle war", als Manager und Kontaktmann zur Kreisbehörde bewährt. Er sei auch ein guter Mittler gewesen zwischen Eltern, Schülern, Lehrern und dem Landratsamt als Sachaufwandsträger. Dass es dabei gelegentlich Meinungsverschiedenheiten gegeben hat, mochte Niedermaier nicht verhehlen. Dies aber sei das Allernormalste. "Schimpfen und Loben gehören zusammen", sagte der Landrat, "totale Harmonie verblödet".

Deger selbst konzipierte die eigene Abschiedsrede als eine genaue Bestandsaufnahme seiner Ära als "Pädagogik-Manager" und als "Bauschulleiter". Ihm sei es immer darum gegangen, das von dem vormaligen, im Mai 2016 verstorbenen Direktor Harald Schiel geschaffene liberale Profil der Schule weiterzuentwickeln. Dieser Geist habe das Geretsrieder Gymnasium geprägt, sagte der scheidende Direktor. Als Pädagogik-Manager habe er mit dem Umstieg vom G 9 zum G 8 und wieder zurück zu tun gehabt. Auch einen starken Personalwechsel galt es nach Degers Worten zu bewältigen - denn es sei bekannt, dass sich ein Kollegium innerhalb von zehn Jahren zur Hälfte austausche. Als Bauschulleiter sei er mit vielen Projekten konfrontiert gewesen, darunter mit dem Bau der Mensa, dem Oberstufentrakt, den aufwendigen Brandschutzmaßnahmen und den drei Bauabschnitten der umfangreichen Generalsanierung. Deger schloss mit der Bitte "an den Heimathafen", dem neuen Mann auf der Brücke den nötigen Platz einzuräumen.

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Quelle:
SZ vom 27.07.2018
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