Süddeutsche Zeitung

Ehemaliger Politiker mischt Brettl-Szene auf:"Ohne Provokation keine Bewegung"

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Vor dem Gröbenzeller Rathaus hat Thomas Breitenfellner Après-Ski-Partys veranstaltet. Nun bringt der 35-Jährige Kabarett in die Penzberger Stadthalle.

Interview Von Stephanie Schwaderer

Fast 20 Jahre lang hat Thomas Breitenfellner die Politik aufgemischt: Er war das Enfant terrible der CSU im Landkreis Fürstenfeldbruck und stellvertretender Bundesvorsitzender der Jungen Union (JU). Vor einem Jahr hat der 35-jährige Gröbenzeller seine politischen Ämter abgegeben und konzentriert sich seither verstärkt auf seine Tätigkeit als Kulturveranstalter. Auch die frisch renovierte Penzberger Stadthalle wird er künftig bespielen. Den Schwerpunkt legt er dabei auf Kabarett.

SZ: Wenn Sie den Fernseher anschalten, was schauen Sie an: Tagesschau oder Heute-Show?

Thomas Breitenfellner: Tagesschau! Wenn ich mal Zeit zum Zappen habe, bleibe ich auch bei der Heute-Show hängen. Aber die Tagesschau ist bei mir seit meiner Kindheit gesetzt. Ich erinnere mich gut daran, dass ich den Mauerfall im Fernsehen verfolgt habe, da war ich sieben Jahre alt.

Haben Sie in der Politik etwas gelernt, das Sie als Kulturveranstalter gebrauchen können?

Mit Anfang 20 habe ich als JU-Vorsitzender in Gröbenzell die ersten Après-Ski-Partys auf dem Rathausplatz organisiert. Natürlich fährt in Gröbenzell keiner Ski; ich wollte der Politikverdrossenheit etwas entgegensetzen, Berührungsängste abbauen, und das ist mir auch gelungen. Bei den jungen Leuten kamen die Partys super an, wir hatten bis zu 2000 Gäste und DJ Ötzi auf der Bühne. Seither weiß ich, wie man so etwas organisiert, nicht hemdsärmelig, das war mir von Anfang an wichtig, sondern professionell. Auflagen, Sponsoren, Werbung - das muss alles sitzen. Und man lernt von Mal zu Mal dazu. CSU-Leute wie Gerda Hasselfeldt haben das damals als bloße Events abgetan. Aber ich bin ein hochpolitischer Mensch: Ich wollte Spaß und Politik kombinieren, und das hat geklappt. Einige Leute, die bei den Partys mitgeholfen haben, sind uns geblieben und haben sich im Kreisverband engagiert.

Sie galten in der CSU als großer Provokateur. Wie wichtig ist Provokation in der Kunst?

Ohne Provokation gibt es keine Bewegung. Zu den Aufgaben der Kunst gehört es, gängige Denkmuster zu durchbrechen. Der Meister der subtilen Provokation ist für mich Gerhard Polt. Gerade im Kabarett gibt es auf diesem Gebiet eine unglaubliche Vielfalt. Provokation muss nicht immer im Vordergrund stehen. Aber ein Kultur-Abend ist für mich dann rundum gelungen, wenn ich beim Zubettgehen noch ins Grübeln komme. Zuvor möchte ich allerdings auch viel gelacht, mit Freunden geredet und ein Glas Aperol-Spritz getrunken haben.

In den nächsten Monaten holen Sie unter anderem Hans Klaffl, Bruno Jonas und Wolfgang Krebs nach Penzberg. Sie alle sind in der Region häufiger zu Gast. Denken Sie, dass Sie die Stadthalle voll bekommen?

Die Vorverkaufszahlen sind sehr erfreulich. Wir sind sehr spät gestartet, erst eine Woche vor Heiligabend. Normalerweise beginnen wir ein halbes Jahr im Vorfeld. Aber es läuft super. Mit "Knedl und Kraut", die den Anfang machen, gehen wir in Richtung 300 Gäste. Das ist für den knappen Vorlauf und einen Januar-Termin sehr gut. Ich habe den Eindruck, dass in Penzberg das Interesse da ist. Deshalb bin ich auch zuversichtlich, dass ich mich dort nicht nur ein Jahr, sondern längerfristig engagieren werde. In Gröbenzell habe ich vor zehn Jahren im Kulturhaus "Stockwerk" mit einer Veranstaltung angefangen. Mittlerweile sind es 50 im Jahr; gerade haben wir den 100 000. Besucher gefeiert. Das wächst.

Außer in Gröbenzell bieten Sie in Peiting Kulturabende an, betreiben ein Lokal in Eichenau, veranstalten die Olchinger Musiknacht und geben ein Heimatmagazin heraus. Was hat Sie dazu bewogen, sich auch noch in Penzberg zu engagieren?

Ein Anruf des Wirts. Ich kenne Rudi Schall schon lange. Er hat die Halle von der Stadt gepachtet und vermietet sie an Vereine, Firmen und Privatleute. Er hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, bei ihm auch hin und wieder etwas zu machen. Die Halle hat mich sofort angesprochen: der historische Charme, die technische Ausstattung. In vielen Mehrzweckhallen hängen Basketballkörbe an der Decke. Ich habe mir gedacht: Toll, das ist eine selbstbewusste Stadt mit einer guten Infra- und Einwohnerstruktur, hier sollte der Kulturbetrieb florieren.

Ähnlich wie der Ickinger Veranstalter Wolfgang Ramadan arbeiten Sie ohne Zuschüsse aus öffentlicher Hand und finanzieren sich rein über die Eintrittsgelder. Wie schaffen Sie das?

Zum einen setze ich auf Künstler, die ziehen. Das gebe ich ganz offen zu: Ich kann es mir nicht leisten, Newcomern eine Bühne zu bieten, die dann vielleicht 30 Gäste ins Haus bringen - so leid mir das auch tut. Zum anderen schneide ich meine Programme immer auf das jeweilige Publikum zu. In Gröbenzell kommen teilweise ganz andere Künstler und Programme an als in Peiting. In Penzberg werde ich jetzt meine Fühler ausstrecken und entsprechend allmählich in die Planung für 2019 gehen.

Werden dann auch Frauen auftreten?

Auf jeden Fall! Dass heuer keine Frau dabei ist, war allein dem Zeitdruck und Terminproblemen geschuldet.

Ihr persönliches Fazit: Was ist unterhaltsamer, Politik oder Kultur?

Ganz klar: Kultur. Politik ist naturgemäß oft mit Ärger und Streit verbunden. Kultur ist Freude und für das persönliche Lebensglück viel erfüllender.

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SZ vom 25.01.2018
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