Süddeutsche Zeitung

Urteil:Steuerberater wegen Vergewaltigung von Studentin verurteilt

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Von Andreas Salch, München

Als das Urteil verkündet ist, steht er da: blass und mit versteinerten Gesichtszügen. Wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung hat das Landgericht München I nach siebenmonatiger Beweisaufnahme den Steuerberater Thomas E. am Freitag zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Bei dem Opfer handelt es sich um eine Studentin. Sie und Thomas E. kannten sich von ihrer Arbeit in einer angesehenen, international tätigen Wirtschaftskanzlei in München. Am Abend des 27. September 2014 hatten sie mit Kollegen aus der Kanzlei das Oktoberfest besucht. Anschließend feierte die Gruppe weiter in einem Szenelokal in der Königinstraße am Englischen Garten.

In einem abgelegenen Bereich auf der Veranda des Lokals hat Thomas E. die junge Frau im Laufe des Abends zunächst verbal bedrängt, ehe er sich an ihr verging. Die Studentin wollte die Tat nicht anzeigen. Sie habe vermeiden wollen, "nur noch als das Opfer gebrandmarkt zu werden", sagte die Vorsitzende, Richterin Elisabeth Ehrl, bei der Urteilsbegründung. Eine Entschuldigung des Angeklagten hätte der jungen Frau gereicht. Doch ein Kollege von Thomas E., der ebenfalls in dem Lokal war, ging Monate später zur Polizei. Warum ist unklar. Er hatte noch in der Tatnacht von der Vergewaltigung erfahren. Tags darauf hatte er seinen Vorgesetzten davon berichtet und sich freimütig dazu bekannt, "der Drecksau", Thomas E. "eine reingeschlagen" zu haben.

Die Studentin hatte sich von dem 47-Jährigen letztlich losreißen können. Dass sie hätte auch um Hilfe rufen können, sei ihr "nicht bewusst" gewesen, da sie durch den Übergriff ihres Kollegen völlig verwirrt gewesen sei, sagte Richterin Ehrl. Das Opfer habe durch die Tat großes Leid erfahren, so die Vorsitzende. Die junge Frau habe ihre Fröhlichkeit und ihr Vertrauen in Menschen verloren. Außerdem habe sie ihr Studium unterbrechen und sich in Therapie begeben müssen. Dies alles habe der Angeklagte mit seiner Tat in Kauf genommen, so Ehrl.

Den Vorwurf der Verteidigung, wonach die Studentin während der Ermittlungen im Hinblick auf das Tatgeschehen "massiven suggestiven Einflüssen" ausgesetzt gewesen sei, wies das Gericht zurück. Die Studentin habe bei allen Befragungen stets konstant geschildert, was ihr in der Nacht des 27. September 2014 widerfahren sei, so die Richterin. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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SZ vom 10.02.2018
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