Süddeutsche Zeitung

Urteil:Kinder dürfen spielen

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Von Susi Wimmer

Es ist nicht so, dass die Gerichte in München nichts zu tun hätten. Jüngst warnte sogar der Richterbund vor einer Überlastung. Vor Klageinhalten wurde bis dato noch nicht gewarnt, wobei das bei dem einen oder anderen Zivilprozess zuweilen ratsam wäre.

Der Deutsche per se streitet gerne und zerrt am liebsten seinen Nachbarn vor den Kadi: wegen schlecht positionierten Gartenzwergen, zu lauten Froschgequakes - oder wegen eines Kinder-Trampolins.

Um es gleich vorwegzunehmen: Das Aufstellen eines Trampolins im Ziergarten ist erlaubt. Momentan, denn das Urteil des Amtsgerichts München ist noch nicht rechtskräftig. Geklagt hatte eine Frau, die in einer Wohnanlage im Bereich Trudering-Riem eine Wohnung gekauft und diese an Dritte vermietet hat.

Herzstück der Anlage ist ein Kinderspielplatz. Genau gegenüber von besagter Wohnung hatte eine Familie in dem ihr zugewiesenen Gartenanteil des Nachbarhauses ein etwa drei Meter hohes Trampolin aufgestellt. Die Bewohner störten sich nicht an dem Spielgerät, wohl aber die Eigentümerin, die gar nicht in der Anlage wohnt.

Das Trampolin werde als "schwarze Wand" wahrgenommen und stelle "eine ganz erhebliche optische Störung dar", führte der Rechtsanwalt der Klägerin aus, zugleich auch ihr Ehemann. Wenn er an besagtem Gartenanteil vorbeigehe, fühle er sich gestört. Die Gartenanteile in dem Ensemble seien reine Ziergärten, sie sollten ausschließlich schmücken "und der optischen Erbauung dienen".

Das Trampolin stelle eine unzulässige bauliche Veränderung dar und sei überflüssig, schließlich gebe es in der Wohnanlage einen Spielplatz. Der Trampolin-Aufsteller hingegen erklärte, der Begriff Ziergarten beinhalte für ihn im Gegensatz zum Nutzgarten, dass man sich dort erholen könne - oder eben auch spielen. Und gerade diese Anlage sei als besonders familienfreundlich beworben worden.

Die Richterin sprang ganz dem Beklagten bei. Der Ziergarten sei nicht auf das Anpflanzen "optisch erbaulicher" Pflanzen beschränkt. In diesem Bereich dürften auch Kinder spielen. Und wenn Kinder spielen, dann auch mit Spielgerät, sprich Trampolin. Größere Spielgeräte, soweit sie nicht übermäßig stören, müssten von anderen Parteien hingenommen werden, so das Gericht.

Das Trampolin sei zwar groß, aber nicht überdimensioniert, und der Eigentümer habe bereits vor dem Spielgerät Pflanzungen vorgenommen. Das nicht einbetonierte Gerät stelle auch keine bauliche Veränderung dar.

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Quelle:
SZ vom 30.12.2017
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