Süddeutsche Zeitung

Umstrittenes Konzert im Prinzregententheater:Ein Nachspiel

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Die Intendantin der Theaterakademie gerät in Erklärungsnot, weil ein AfD-Bundestagsabgeordneter im Gartensaal des Prinzregententheaters konzertiert. Der wiederum beschimpft Kritiker auf wüste Art.

Von Jutta Czeguhn

Zuletzt hatte es Matthias Moosdorf in seinem Job als AfD-Bundestagsabgeordneter vor etwa einen Monat in die Medien geschafft, als die dpa über seinen Privatbesuch in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem berichtete und eine Twitter-Nachricht des Gedenkstätten-Leiters Dani Dajan zitierte: "Yad Vashem steht allen offen, vor allem jenen, die intensive Holocaust-Erziehung brauchen."

Der gebürtige Leipziger, Jahrgang 1965, sorgt nun erneut für Aufsehen. Diesmal in seinem Ursprungsberuf als Cellist: Als solcher spielte er bei einem Geburtstagskonzert der russisch-israelischen Pianistin Elena Gurevich im Gartensaal des Prinzregententheaters am Samstag, 27. Mai. Laut Konzertankündigung hatte Gurevich für ihre "klassische Jam-Session" befreundete internationale Künstler um sich versammelt. Auch Moosdorf.

Der Münchner Komponist Alexander Strauch hatte daraufhin im von ihm und seinen Kollegen Moritz Eggert und Arno Lücker betriebenen "Bad Blog of Musick" die Teilnahme Moosdorfs am Konzert als "Skandal" bezeichnet und die Präsidentin der Theaterakademie August Everding, Barbara Gronau, deswegen scharf kritisiert: Auch wenn es sich um einen Fremdveranstalter gehandelt habe, habe die Akademie öffentlich auf ihrer Website das Konzert beworben und sogar den Namen "Matthias Moosdorf" genannt.

Mittlerweile findet sich auf jener Website unter dem Konzerteintrag eine Stellungnahme der Akademie. Dort heißt es unter anderem: "Wir bedauern, dass an dieser Gastveranstaltung offenkundig ein Musiker beteiligt war, dessen Werte denen der Theaterakademie August Everding diametral entgegenstehen." Was die Nennung Moosdorfs im Monatsspielplan angehe, enthalte dieser sowohl die Infos zu den Eigenproduktionen der Theaterakademie als auch jene von Gastveranstaltern. "In der Schlusskorrektur des Eintrags durch die Theaterakademie war die Nennung des Musikers tatsächlich nicht bemerkt worden. Doch bestand so auch die Möglichkeit für die mündigen Besucher:innen, von einem Ticketkauf beim Konzert Abstand zu nehmen.Die Theaterakademie wird den Fall im Detail auswerten und die Zusammenarbeit mit dem Gastveranstalter new classic live prüfen."

Moosdorf, der seit 2021 als AfD-Abgeordneter für den Wahlkreis Zwickau im Bundestag sitzt und auf eine beachtliche internationale Musiker-Karriere zurückblicken kann, kommentiert diese Reaktionen auf seiner Facebook-Seite; überschrieben ist der Eintrag vom 31. Mai mit "Die Denunzianten und ihre Mitspieler". Mit drastischen Worten nimmt er die Gründer des "Bad Blog of Musick" und Intendantin Gronau ins Visier: Strauch, Eggert und Lücker vergleicht er mit einer bestimmten Insektenart. Sie seien "selbsternannte kleine Nazijäger", die einer jüdischen Geburtstagsgesellschaft im München des 21. Jahrhunderts vorschreiben wollten, "wen sie in dem gegen Geld gemieteten Saal zu ihrem Vergnügen auftreten lassen dürfen". Intendantin Gronau sei "geübt im Stöckchenspringen". "Mehrere Millionen Wähler" würden von ihr "in einen Werteantagonismus verfrachtet. Sie tut das, weil wir alle sie dafür mit Steuergeld bezahlen und sie gewähren lassen. Was Demokratie ist und was nicht, das bestimmt sie, denkt sie."

Und Moosdorf droht: "Es wird ein Thema in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages werden: Verletzung von Neutralität, Missbrauch von Steuermitteln, Antisemitismus usw. usf."

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