Süddeutsche Zeitung

Weßling:Kritik an Mobilfunk-Antenne auf Anhöhe

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Vor der Entscheidung des Gemeinderats monieren Gegner den geplanten Standort auf dem Adelberg.

Von Patrizia Steipe, Weßling

Wo sollen die neuen Weßlinger Mobilfunkmasten stehen? Der Gemeinderat entscheidet in einer öffentlichen Sondersitzung am Mittwoch, 23. Juni, 19 Uhr, im Schützenheim in Oberpfaffenhofen über die Bauanträge der Betreiber. Seit zweieinhalb Jahren sucht die Gemeinde gemeinsam mit Telekom, Vodafone und Telefónica nach neuen Standorten. Am geeignetsten erscheinen dem Gemeinderat Standorte unterhalb des Adelsbergs, am westlichen Ortsrand von Weßling und in Weichselbaum. Diese könnten von den Funkbetreibern gemeinschaftlich genutzt werden.

In einem von der Gemeinde beauftragten Gutachten wurden 2019 verschiedene Standorte bezüglich der Netzabdeckung, Strahlenbelastung und Ortsbildverträglichkeit gegeneinander abgewogen. "Das Ziel ist immer eine möglichst schonende Umsetzung", erklärte Gutachter Hans Ulrich während einer virtuellen Informationsveranstaltung im April. Die Teilnehmer erhielten Informationen von Experten, Mobilfunkbetreibern, Mobilfunkgegnern und sie hatten die Möglichkeit, Bedenken vorzubringen. Die vorgeschlagenen Standorte sollten deswegen noch ein wenig verschoben werden. Außerdem hat die Gemeinde eine Broschüre zu dem Thema herausgegeben.

Kurz vor der finalen Abstimmung kochen die Emotionen in der Bevölkerung hoch. Während die Befürworter auf ein zukunftsfähiges und leistungsstarkes Mobilfunknetz pochen, befürchten die Gegner Strahlenbelastung und ein verschandeltes Ortsbild. So haben "Bürger für ein lebenswertes Weßling" Flyer in der Gemeinde verteilt, in denen vor den Auswirkungen der Mobilfunkmasten gewarnt wird.

Vor allem der Standort Adelberg, eine Anhöhe in Nachbarschaft des Sees, steht in der Kritik. "Er ist mindestens genauso ortsbildprägend wie der See", erklärt Anwohner Christoph Mayr. Der Architekt befürchtet, "die unberührte Natursilhouette dieses Buchenhügels würde durch den Antennenturm banalisiert, die Anhöhe zum Sockel für Infrastruktur degradiert". Der Gemeinderat hatte bei einer Ortsbegehung im Januar Luftballons in die geplante Höhe der Funkmasten steigen lassen, um sich einen Eindruck von den optischen Auswirkung auf die Umgebung zu machen. Während der Gemeinderat urteilte, "dass das Ortsbild kaum beeinflusst" und der Mast teilweise gar nicht sichtbar sei, meinte Mayr, "ein roter Luftballon ist etwas anderes als ein richtiges Bauwerk mit in der Nacht blinkenden Warnleuchten".

Für die Mehrheit im Gemeinderat ist der Adelberg besonders günstig. Von dort aus könne man mit dem mehr als 40 Meter hohen Masten Weßling und Oberpfaffenhofen optimal abdecken. "Dadurch können mit nur einem Mast zwei Ortsteile versorgt werden", versicherte Bürgermeister Michael Sturm. Um eine ähnliche Netzabdeckung zu erreichen, wären ansonsten mindestens zwei Sender an anderen Positionen notwendig.

Derzeit wird Weßling über zwei provisorische Antennen versorgt. Außerdem soll ein Mast in Weichselbaum aufgestellt werden, der die S-Bahn-Strecke versorgen soll. Die Beteiligung der Kommune bei der Suche ist gesetzlich vorgeschrieben. Wenn die Gemeinde keinen Standort vorschlägt, können die Mobilfunkbetreiber aber auch eine Antenne auf einem privaten Hausdach errichten, sie haben einen gesetzlichen Versorgungsauftrag und dürfen Masten als privilegierte Vorhaben aufstellen. Die Telekom hat sich dadurch bereits vor Jahren den Standort auf dem Dach der ehemaligen "Post" in der Hauptstraße gesichert.

Die Bundesregierung hat 2019 in ihrer Mobilfunkstrategie, die Netzbetreiber vertraglich zu einer flächendeckenden Versorgung mit Mobilfunk verpflichtet. Dabei sollen auch Straßen und Schienen berücksichtigt werden, weswegen der Funkmast in Weichselbaum notwendig ist. Deutschlandweit werden bis zu 6000 neue Mobilfunkstandorte benötigt, um die Funklöcher zu schließen, etwa 74 000 Standorte werden bereits genutzt. Mit dem Ausbau wird auch der Grundstein für ein künftiges 5G-Netz gelegt.

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SZ vom 22.06.2021
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