Süddeutsche Zeitung

Gymnasium Gauting und TU München:Diese Abiturienten sind schon kleine Forscher

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Von sudanesischen Tonproben, Windkanälen und Laserdruckern: Beim Wissenschaftstag des Otto-von-Taube-Gymnasiums präsentieren Schüler des TUM-Kollegs ihre Arbeiten.

Von Sabina Zollner, Gauting

Den Schülern des TUM-Kollegs steht die Erleichterung ins Gesicht geschrieben: Die vergangenen eineinhalb Jahre haben sie auf diesen Tag hingearbeitet - den Wissenschaftstag. Am Mittwoch durften die 13 Schülerinnen und Schüler des Otto-von-Taube-Gymnasiums ihre Forschungsprojekte und Erfahrungen aus ihrem Auslandspraktikum präsentieren. Mit etwa 200 Besuchern hatten die angehenden Abiturienten ein großes Publikum. Neben allen Zehntklässlern waren auch Vertreter der Technischen Universität München (TUM), Fördervereine sowie Interessierte aus anderen Schulen und Bundesländern zu Besuch in der Aula.

Der Wissenschaftstag gilt als Abschluss des TUM-Kollegs. Das Programm vernetzt seit zehn Jahren hochbegabte Schüler vom Otto-von-Taube-Gymnasium in Gauting und vom Werner-Heisenberg-Gymnasium in Garching mit Lehrstühlen der TU. Ziel des Programms ist, Lernen und Forschen zu verknüpfen. So erhalten die Schüler einen vertieften naturwissenschaftlich ausgerichteten Lehrplan in der elften und zwölften Jahrgangsstufe. Parallel nehmen sie an zahlreichen Lehrangeboten der Technischen Universität teil. Am Ende der elften Jahrgangsstufe steht ein Auslandspraktikum auf dem Programm. Höhepunkt des TUM-Kollegs ist die Forschungsarbeit in der zwölften Jahrgangsstufe, die meist von Professoren der TU betreut wird. Hier wird vor allem versucht, sich nach den Interessen der Schüler zu richten.

App für Menschen mit Sehschwäche

Die TUM Kollegiatin Julia Holl wollte mit ihrer Forschungsarbeit ihrer Oma helfen. Diese leidet unter einer starken Sehschwäche. Dadurch passiert es öfter, dass sie nach einem Einkauf beim Supermarkt mit dem falschen Produkt nach Hause kommt. Die 17-Jährige entwickelte eine App, die ihrer Oma den Alltag erleichtern könnte. Mit der App können Kunden im Supermarkt ein Produkt per Handy einscannen, ein System erkennt, dann um was für eine Ware es sich handelt und gibt es per Sprachausgabe an den Kunden weiter. Bei der Entwicklung gab einige Schwierigkeiten. "Vor allem fiel es mir schwer, die richtigen Algorithmen für die Produkterkennung zu finden", erzählt die 17-Jährige. Am Wissenschaftstag konnten Teilnehmer sich in Julia Holls Oma hineinversetzen. Mit einem Alterssimulationsanzug und einer Brille konnten sie ihren App ausprobieren und das Leben mit Sehschwäche im Alter nachfühlen. Das TUM Kolleg hat Holls Leidenschaften für die Naturwissenschaften verstärkt. Nach dem Abitur und möchte sie einen Chinesisch- und Französisch Sprachkurs machen und anschließend Mathematik an der Technischen Universität in München studieren.

Virtual Brille

Wer schon einmal eine Virtual Brille aufgesetzt hat weiß, dass einem schnell schwindelig werden kann. In seiner Forschungsarbeit ging Adrian Stein der Sache auf den Grund. Im Rahmen einer Nutzerstudie mit 15 Testpersonen probierte der Schüler verschiedene Navigationssysteme in der Virtuellen Realität aus. "Ich bin dem TUM Kolleg unheimlich dankbar, dass ich einen Einblick in dieses Forschungsgebiet bekommen konnte", sagt der Schüler. Denn das Forschungsprojekt hat ihm auch geholfen, seinen Traumstudiengang zu finden. Nach dem Abitur möchte er "Games Engineering" studieren. So kann der leidenschaftliche Gamer sein Hobby zum Beruf machen. Bevor Stein aber weiter in die virtuelle Realität abtaucht, steht das Abitur noch an. Und da bleibt erst einmal wenig Zeit für die Konsole.

Narkose-Rezeptoren

Mit Mäusen beschäftigte sich Lea Unz in ihrer Forschungsarbeit. Mit Hilfe eines Trennungsverfahrens fand die 17-Jährige heraus, wo sich der GABA-Rezeptor im Mäusegehirn befindet. Dies ist der Rezeptor, an den narkotische Medikamente andocken. Ihre Forschungsarbeit gilt als hilfreiches Protokoll für weitere Experimente. Somit leistete die Schülerin einen wichtigen Beitrag in der Forschung der Anästhesie. Das Thema hat sie vor allem interessiert, da sie plant Medizin zu studieren. In ihrem Auslandspraktikum in einem Krankenhaus in Ghana erhielt sie einen ersten Einblick in den Beruf. Ob sie Ärztin werden oder in die Forschung gehen will, weiß die 17-Jährige noch nicht. Nach dem Abitur möchte sie erst ein mal mehr Auslandsluft schnuppern und noch ein Praktikum absolvieren.

So forschten die Schüler im vergangenen Jahr unter anderem an Verbrennungsmotoren, Virtual Reality Anwendungen, sudanesischen Tonproben, Windkanälen und Laserdruckern. Am Wissenschaftstag gaben die Abiturienten in zahlreichen Workshops ihr Wissen an die Schüler der zehnten Jahrgangsstufe weiter. Diese durften dann auch selbst Hand anlegen.

In einem Kriminalworkshop durften sie mit Hilfe eines Trennverfahrens unter dem Mikroskop zwei Haare vergleichen. So fanden sie heraus, ob es sich bei der Probe um die des Mörders handelt. Mit dabei war auch der chemietechnische Assistent Andreas Blaschke der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin der TU. "Die Schüler des TUM-Kollegs sind sehr weit. Ich habe schon Forschungsarbeiten gesehen, die an die Qualität einer Bachelorarbeit herankamen", erzählt der Chemietechniker, der heuer zwei Schülerinnen des TUM-Kollegs bei ihren Forschungsarbeiten betreute.

Auch Markus Stöckle ist sehr zufrieden mit dem Jahrgang. Der Mathematik-, Physik-, und Informatiklehrer war von Anfang an als Koordinator und Planer beim TUM-Kolleg am Otto-von-Taube Gymnasium mit dabei. "Es macht einfach eine Freude zuzuschauen, wie sich die Schüler in den letzten zwei Jahren entwickelt haben", berichtet der Gymnasiallehrer. Der Wissenschaftstag hat gezeigt: Diese jungen Menschen haben Talent, und das gilt es, auch in Zukunft zu fördern.

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Quelle:
SZ vom 07.02.2019
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