Süddeutsche Zeitung

Zugvögel:Überwintern am See

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Ammersee und Starnberger See sind wichtige Orte für Zugvögel. Manche nutzen die Gewässer als Raststätte auf ihrem Weg gen Süden - andere verbringen gleich den gesamten Winter dort.

Von Linus Freymark, Starnberg

Der Herbst ist Reisezeit, das gilt für Menschen wie für Vögel: Während erstere die letzten schönen Tage des Jahres für einen Städtetrip oder einen Abstecher in den Süden nutzen, um den Sommer zumindest ein bisschen zu verlängern, brechen Kranich, Kuckuck und Kiebitz auf, um die dunkle Jahreszeit in ihren Winterquartieren zu verbringen. Der Vogelzug sorgt mitunter für ein beeindruckendes Schauspiel am Himmel, weshalb sich gerade jetzt im Herbst ein Blick nach oben lohnt.

Dem Fünfseenland kommt beim Vogelzug eine besondere Bedeutung zu: Denn aufgrund der Wasservorkommen ist die Region essenziell als Raststation für die Zugvögel. Besonders Wasservögel schätzen Ammersee und Starnberger See als Raststätte auf ihrem Weg ins Winterquartier. Beide Gewässer sind als international bedeutende Vogelschutzgebiete ausgewiesen und werden im Herbst und Winter von zehntausenden Wasservögeln aus ganz Europa aufgesucht. Die seltenen Prachttaucher etwa kommen aus den Tundraregionen Skandinaviens und Russlands. Blässralle, Reiherente und Tafelente hingegen reisen aus Mittel- und Osteuropa oder sogar von jenseits des Urals an.

Klar, dass so eine lange Reise hungrig und durstig macht. Auf ihrem Zwischenstopp im Fünfseenland fressen sich die Vögel satt und legen Fettreserven an, bevor sie die beschwerliche Alpenüberquerung meistern und weiter gen Süden ziehen. Andere nutzen dagegen die günstigen Bedingungen und verbringen den ganzen Winter im Fünfseenland. Denn nur auf solchen großen, weitläufigen und tiefen Gewässern wie Ammersee und Starnberger See ist sichergestellt, dass sie im Winter eisfrei bleiben und gleichzeitig genug Nahrung für die Tiere bieten.

Auch der Klimawandel hat bislang nichts daran geändert, dass sich jedes Jahr zigtausende Vögel von Nord nach Süd begeben. Denn obwohl die Temperaturen auf der Erde immer weiter steigen, frieren noch immer viele Gewässer im Norden und Nordosten Europas zu. "Populationen, die hier brüten, müssen auf andere Rückzugsorte ausweichen", erklärt Andrea Gehrold, die Gebietsbetreuerin des Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) am Starnberger See. "Obwohl die Winter hierzulande immer milder werden, ist die Bedeutung der großen bayerischen Voralpenseen für den europäischen Wasservogelzug ungebrochen."

Am Starnberger See gilt von November bis März die "Winterruhe für Wasservögel"

Neben der Nahrungsverfügbarkeit spielt die Störungsarmut in den Überwinterungsgebieten eine entscheidende Rolle. Der Organismus der Tiere läuft in dieser Zeit auf Sparflamme. Am Starnberger See gilt deshalb von November bis März die "Winterruhe für Wasservögel". Sowohl Wassersportvereine als auch Werften, Seenschifffahrt und Fischer stellen in dieser Zeit den Betrieb ein oder beschränken ihn. "Durch diese Rücksichtnahme leisten sie einen essenziellen Beitrag zum Vogelschutz", betont Gehrold. Gleichzeitig ist die Expertin jedoch beunruhigt aufgrund der steigenden Zahl an Wassersportlern. Denn wenn immer mehr Freizeitsportler ohne Vereinsbindung auf dem Wasser unterwegs sind, werde es schwieriger, die bestehenden Regeln durchzusetzen, so Gehrold.

Die Vögel nicht zu stören, ist vor allem in den flacheren Seebereichen wichtig. Denn dort finden die Vögel Nahrung und Ruhe. Am Starnberger See liegen diese Winterruhezonen in der Umgebung der Roseninsel, im Karpfenwinkel sowie in der Nord- und Südbucht. Auch andernorts sollte man immer mindestens 300 Meter Abstand zu größeren Vogelansammlungen einhalten.

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