Süddeutsche Zeitung

See and the City:Holprige Stellen

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Das umstrittene Projekt am Starnberger Bahnhofplatz ist beendet: Bürgermeister Patrick Janik würdigt die jüngsten Erkenntnisse, die am Grundproblem des überbordenden Verkehrs aber nichts ändern.

Von Peter Haacke, Starnberg

Die Aufregung war groß, das Echo bleibt geteilt: Die einen fanden die Starnberger Aktion "See and the City" schlicht unterirdisch, andere dagegen lobten den Versuch, den überbordenden Autoverkehr am zentralen Knotenpunkt Bahnhof See mit einfachen gestalterischen Mitteln zumindest ein wenig einzubremsen. Dem fünfmonatigen Probelauf, der am 3. Oktober offiziell endete, folgte nun die Einladung zur Bewertung des Experiments aus Sicht der betroffenen Bürger. Die Resonanz auf eine Online-Besprechung am Dienstagabend ist jedoch enttäuschend: Bürgermeister Patrick Janik konnte lediglich 20 Teilnehmer begrüßen, die Hälfte davon politische Mandatsträger und Mitarbeiter der Verwaltung. Der vielstimmige Chor der Kritiker insbesondere aus den Sozialen Medien blieb stumm, die Einladung wurde ignoriert.

Was bleibt von "See and the City"? Was hat sich bewährt? Und welche Lehren zieht die Stadtverwaltung daraus für die Zukunft? Bürgermeister Janik versuchte sich gewohnt launig an einer ausgewogenen Darstellung von Kritik, Anregungen und Lob. Freimütig räumte er "einige holprige Stellen im Projekt" ein, für die er "Kommunikationsdefizite" als Ursache benannte. Auch bei der "aus der Not heraus geborenen Gestaltung" hätten sich die Verantwortlichen etwas allein gelassen gefühlt. Gleichwohl sei die "ästhetische Wahrnehmbarkeit" der Aktion mit Blumenkübeln, bemalten Gehsteigen, Tempobeschränkung und verringertem Parkplatzangebot "jederzeit gewährleistet" geblieben.

Die Blechlawine lässt sich nicht mit Blumenkübeln aufhalten

Entscheidend für Janik ist der Erkenntnisgewinn: "Wir haben wahnsinnig viel gelernt in dieser Zeit", sagte der Bürgermeister, "was funktioniert - und was nicht". Wenig überraschend: Insbesondere die Sperrung des Bahnhofvorplatzes habe gezeigt, dass der Bereich "wahnsinnige Verkehrsmengen" bewältigen muss. Tatsächlich hatten Sperrungen an Gestaltungs- und Aktionstagen jeweils ein mittleres Verkehrschaos in der Kreisstadt ausgelöst. Demgegenüber stehen diverse Veranstaltungen - darunter die Eröffnungsfeier, "Starnberg bewegt" oder die "Nacht der langen Tafel" -, die allesamt gut angenommen worden seien.

Massive Kritik hatte sich an der Gestaltung ergeben, die sogar bis zu den Ideenlieferanten durchschlug: Landschaftsarchitekt und Stadtplaner Christian Ufer, der erste Pläne einer temporären Umgestaltung schon 2020 vorgestellt hatte, monierte: "Für unser Büro war die Nennung des Büronamens (Terrabiota) aufgrund der doch ziemlich abweichenden Ausführung und der sehr provisorischen Gestaltung leider wenig 'schmückend' - wir haben sehr viel gestalterische Kritik erhalten." Wenig Verständnis für die "futuristischen Ideen" äußerte Regine Randlkofer, eine betroffene Anwohnerin aus der Theresienstraße: Am Rondell herrsche nach ihrer Wahrnehmung aufgrund des teilweisen Entfalls von Parkplätzen zugunsten einer Sandfläche "einfach nur noch Chaos" durch vermehrtes Rangieren. Von Verkehrsberuhigung könne keine Rede sein. Allerdings müsse ein Bahnhof stets auch von motorisierten Fahrzeugen angefahren werden können.

Der Stadtverwaltung liegen insgesamt 638 ausgefüllte Fragebögen zur Bewertung von "See and the City" vor. Das Ergebnis sei aber nicht repräsentativ, betonte Sylvie Pfeifer von der Stadtverwaltung. Kein Wunder, die Kommentare waren zu etwa zwei Dritteln eher negativ. Andererseits: Vielen Starnbergern sind die Aufenthaltsqualitäten am Bahnhof wichtiger als Stellplätze. Vorerst bleiben sollen Blumenkübel, Tempo 20, Schanigarten und ein beschränktes Parkplatzangebot. Für Janik steht fest: "In der Innenstadt sind keine umwälzenden Veränderungen möglich, solange der Tunnel nicht fertiggestellt ist." Lediglich an der Gestaltung sei etwas machbar, der Verkehr werde bleiben. Der Stadtrat befasst sich abschließend mit "See and the City" in seiner Sitzung am Montag, 24. Oktober (18.30 Uhr), im Saal des Landratsamts.

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