Süddeutsche Zeitung

Bundestagswahl im Landkreis Starnberg:CSU verliert Punkte, verteidigt aber das Mandat

Lesezeit: 2 min

Die Christsozialen kommen knapp über die 30-Prozent-Marke, die Grünen überflügeln die SPD. Michael Kießling kann sein Direktmandat verteidigen - und noch eine Kandidatin könnte für den Wahlkreis in den Bundestag einziehen.

Von Michael Berzl, Starnberg

Michael Kießling aus Landsberg verteidigt sein Direktmandat im Wahlkreis Starnberg, Landsberg, Germering und bleibt für eine weitere Legislaturperiode Bundestagsabgeordneter der CSU in Berlin. Die Grünen erzielen im Landkreis Starnberg ein Ergebnis, das deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt, die SPD-Kandidatin Carmen Wegge hingegen bleibt weit darunter - und könnte doch ins Parlament einziehen. Und die AfD müsste um den Einzug in den Bundestag bangen, wenn es einzig nach den Wählern im Landkreis Starnberg ginge.

Kießling kam in seinem Wahlkreis bei den Erststimmen auf 38,2 Prozent, die CSU bei den Zweitstimmen auf 32,1 Prozent der abgegebenen Stimmen. Am zweitstärksten schnitten nach den Zahlen die Grünen ab. Direktkandidatin Martina Neubauer aus Starnberg kam auf 19,9 Prozent, bei den Zweitstimmen waren es 18,1 Prozent.

Trotz ihres schlechten persönlichen Ergebnisses rechnet die SPD-Kandidatin Wegge aus München, die auf dem Listenplatz 20 angetreten war, mit einem Mandat im Bundestag. Das bundesweit gute Abschneiden ihrer Partei könnte dafür ausreichen. Aber das stand am späten Abend noch nicht fest. Weitere Direktkandidatinnen wie Britta Hundesrügge aus Gauting von der FDP, die auf der Landesliste auf Platz 18 stand, und Martina Neubauer mussten sich noch am Sonntag damit abfinden, dass es für sie für einen Einzug in den Bundestag wohl nicht reichen würde.

Michael Kießling (CSU), 38,2%: "Ich bin mit meinem Wahlergebnis sehr zufrieden und freue mich über das Vertrauen der Wähler. Für die CSU hätte ich mir insgesamt noch ein etwas besseres Ergebnis gewünscht, aber mein persönliches Resultat zeigt doch, dass ich in den vergangenen vier Jahren aktiv unterwegs war im Wahlkreis. Der Wahlkampf im Pandemiemodus war herausfordernd, weil man nicht so direkt in Kontakt kam mit den Menschen. Für die Regierungsbildung wird es letztlich an Rot und Grün liegen, mit wem sie koalieren wollen. Ich kann mich nur dem anschließen, was einst Söder sagte: "Kein Bock auf Opposition"."

Martina Neubauer (Grüne), 19,9%: "Ich finde das Ergebnis großartig. Es ging mir bei meiner Kandidatur ja nicht um mich als Person, sondern darum, ein starkes grünes Ergebnis einzufahren. Und solange ich nicht unter dem Grünen-Bundesergebnis liege, bin ich nicht enttäuscht, dass ich das Direktmandat hier im Wahlkreis nicht errungen habe, damit hätte ich auch nicht gerechnet. Die Grünen haben ihre Zustimmungswerte bundesweit fast verdoppelt und formulieren nun deutlich einen Regierungsanspruch. Im April sah es für uns natürlich auch schon mal anders aus, aber wenn es uns nun gelingt an der Regierung beteiligt zu sein, habe ich mein Ziel erreicht."

Carmen Wegge (SPD), 13,4%: "Vor einem Jahr hätte ich nicht gedacht, dass ich auf dem Listenplatz 20 womöglich in den Bundestag einziehen könnte. Aber das SPD-Bundesergebnis ist so positiv, dass es klappen könnte. Ich will mich aber nicht zu früh freuen. Das hängt auch von den Wahlergebnissen in München und Nürnberg ab: Wenn die SPD dort Direktmandate holt, wird es für mich eng. Ein Bündnis aus Rot-Rot-Grün scheint im Moment nicht möglich, zur Not könnte ich auch mit einer Ampel-Koalition leben. Der Wahlabend war eine Zitterpartie für mich, aber ich fänd es fatal, wenn Armin Laschet Kanzler wird."

Britta Hundesrügge (FDP), 9,2%: "Mit dem Listenplatz 18 hatte ich von Anfang an keine aussichtsreiche Ausgangsposition, in den Bundestag einzuziehen, aber ich mache einfach total gerne Wahlkampf. Als wir in den vergangenen Wochen zwischendurch mal bei etwa 13 Prozent bundesweit lagen, da hätte ich vielleicht eine Chance gehabt. Immerhin liege ich wohl über dem FDP-Bundesergebnis. Das ist zwar besser als vor vier Jahren, aber schade ist es schon, ich hätte mir eine stärkere FDP gewünscht. Im Starnberger Stadtgebiet liegen wir Liberalen ja stets drei bis vier Prozentpunkte über dem Bundesergebnis, weil die Menschen hier liberale Werte zu schätzen wissen."

Rainer Gross (AfD), 6,0%: "Es hätte schlimmer kommen können. Das Ergebnis war so zu erwarten. Im Landkreis Starnberg haben wir einfach nicht mehr Potenzial. Außerdem hat uns die Kampagne der FDP Stimmen gekostet. Die haben sich permanent als Freiheitspartei verkauft, und das ist ihnen offensichtlich auch abgekauft worden. Wir müssen mit unseren Standpunkten erst in der bürgerlichen Mitte ankommen. Aber: Wir sind angekommen im politischen Spektrum, wir sind keine Eintagsfliege. Außerdem ist gerade im Landkreis deutlich zu sehen, dass die AfD dort schwach ist, wo die Grünen besonders stark sind. In Weßling etwa oder in Tutzing."

Am Wahlabend waren gut 20 Vertreter von CSU, Grünen, Freien Wählern und AfD ins Starnberger Landratsamt gekommen, um auf einer großen Leinwand die Ergebnisse aus den Wahllokalen in den Gemeinden in den Landkreisen Starnberg und Landsberg sowie in der Stadt Germering mitzuverfolgen. Die SPD hatte sich in einem Lokal in Germering getroffen. Insgesamt fast 226 000 Wahlberechtigte waren aufgerufen, im Wahlkreis 224 ihre Stimme abzugeben.

Eine knappe halbe Stunde nach Schließung der Wahllokale waren die ersten Ergebnisse auf der Leinwand im Sitzungssaal des Starnberger Landratsamts zu sehen. Aus Gemeinden im Landkreis Landsberg wurden die ersten Resultate gemeldet. Früh wurde dabei eine Tendenz deutlich. Direktkandidat Kießling liegt mit seinem Erststimmen-Ergebnis weit vor dem Ergebnis, das seine Partei bei den Zweitstimmen erzielt. In einem Stimmbezirk von Finning im Landkreis Landsberg zum Beispiel erreichte er mehr als 50 Prozent. Deutlich wird auch ein weiterer Effekt: Wo die Grünen im Landkreis Starnberg stark sind, ist die AfD schwach. Die Partei kommt im Wahlkreis auf 6,1 Prozent.

Er könne mit seinem Wahlergebnis sehr zufrieden sein, meint CSU-Kandidat Kießling, obwohl es diesmal schlechter ausfiel als vier Jahre zuvor, als er noch auf 42 Prozent kam. Und auch Landrat Stefan Frey (CSU) erklärt: "Mit dem Ergebnis im Landkreis bin ich sehr zufrieden." Er führt das Resultat vor allem auf den Bekanntheitsgrad des Kandidaten Kießling zurück und darauf, dass Starnberg ein "bürgerlich geprägter Landkreis" sei.

Ein besonders gutes Ergebnis erzielte Kießling nach dem vorläufigen Ergebnis in der Gemeinde Berg, wo er auf 44,3 Prozent kam. Für die Grünen erwies sich erneut die Gemeinde Weßling als Hochburg, wo sie auf 24,9 Prozent kamen, die Direktkandidatin sogar auf 29,1 Prozent. Die SPD schnitt mit 17,3 Prozent in Gilching noch am besten ab, am schlechtesten in Berg mit 11,5 Prozent Der 47-jährige Abgeordnet Kießling hat schon eine Legislaturperiode in Berlin hinter sich. Der Diplom-Bauingenieur und frühere Bürgermeister von Denklingen will sich als Abgeordneter weiter mit dem Thema Bauen beschäftigen, kündigte er an.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5421932
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 27.09.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.