Süddeutsche Zeitung

Katholische Kirche:Der Starnberger Steuerberater, der nun als Diakon predigt

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Bernhard Beigel ist in der Kirche groß geworden, doch das Amt stand nicht auf seinem Lebensplan. Am Sonntag wird der 57-jährige Familienvater den Gläubigen vorgestellt.

Von Sabine Bader, Starnberg

Bernhard Beigel ist ein ruhiger Mensch, einer der nachdenkt, bevor er spricht, und sich nicht in den Vordergrund drängt. Und dennoch: An diesem Sonntag wird Beigel im Mittelpunkt stehen, denn der frisch geweihte Diakon hält in der Pfarrkirche St. Maria seine erste Predigt.

Das wird so manchen Starnberger erstaunen. Bringt man die alteingesessene Familie Beigel in der Stadt eher mit ihrer Steuerkanzlei in Verbindung und mit ihrem politischen Engagement. War sein Vater Theo Beigel doch 30 Jahre lang Starnberger Stadtrat und führte die CSU-Fraktion von 1972 bis 1985 mit strenger Hand. Auch nach seinem Ausscheiden sah man ihn noch zuweilen auf der Zuhörerbank im Stadtrat - seinen gestrengen Blick auf die Mitglieder seiner Fraktion gerichtet. Auch sein Sohn Bernhard war mehr als 18 Jahre lang (1996 bis 2014) für die CSU-Fraktion Mitglied im Stadtrat. Er hielt sich dort allerdings mehr im Hintergrund. "Den Stadtrat habe ich mir mit der Zeit abgewöhnt", sagt er rückblickend. Die Destruktivität einiger Kollegen habe ihn zu sehr gestört.

Bernhard Beigel hat Jura studiert, ist Rechtsanwalt und arbeitet gemeinsam mit seinem Bruder Thomas als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in der familiären Kanzlei. Als Diakon wird der 57-Jährige fortan im Nebenberuf tätig sein. Für ihn ist das die stimmige Fortführung seines bisherigen Lebens. Schließlich ist er, wie er sagt, "in der Kirche groß geworden", war in etlichen kirchlichen Jugendgruppen aktiv und 15 Jahre lang Ministrant.

Mit Glaubensfragen hat er sich schon im Jugendalter befasst. Natürlich hat er sich nach dem Abitur auch überlegt, ob ein Theologiestudium das Richtige für ihn wäre. Er kam jedoch schnell zu dem Schluss, dass der Pfarrerberuf für ihn nicht in Frage kommt, wegen des Zölibats. "Für mich war klar, ich will Familie haben." Die hat Beigel längst. Seine Frau Katja und er haben zwei erwachsene Söhne und eine Tochter und sind bereits zweifache Großeltern. Auch seine Frau ist im Glauben verwurzelt. Sie ist Religionslehrerin im kirchlichen Dienst an der Grund- und Mittelschule in Starnberg.

Eine Ausbildung zum Diakon hatte Beigel eigentlich nicht auf dem Schirm. "Das stand nicht auf meinem Lebensplan." Doch dann fragte ihn der frühere Starnberger Stadtpfarrer, Werner Haas, ob er sich das vorstellen könne. Beigel begann zu überlegen. Seine Frau riet ihm zu. Die Ausbildung zum Diakon dauert sechs Jahre. Dazu zählen ein zweijähriger Fernkurs, der sich in einen Grund- und Aufbaukurs, - in seinem Fall in Weilheim und München - an je einem Abend pro Woche aufsplittet. Zum Abschluss der ersten beiden Kursjahre müssen Prüfungen abgelegt und eine Hausarbeit geschrieben werden.

Hinzu kommen vier Jahre lang diverse Samstags- und Wochenendkurse. Darunter sind auch Predigt- und Rhetorikkurse sowie Vorträge zu theologischen Themen und Fragen. In der Ausbildungszeit müssen auch drei, jeweils viermonatige Praktika absolviert werden - bei der Caritas, einer fremden und der eigenen Pfarrgemeinde. Die Praktikumszeit in seiner Heimatgemeinde hat Beigel in besonders guter Erinnerung. Denn Starnbergs Stadtpfarrer Andreas Jall hat ihn zu diversen Anlässen wie Tauf- und Brautgesprächen und Beerdigungen mitgenommen und ihm hilfreiche Tipps gegeben. "Dabei habe ich viel gelernt."

Am 5. Oktober wurde Bernhard Beigel gemeinsam mit fünf weiteren Weihekandidaten im Hohen Dom zu Augsburg von Weihbischof Anton Losinger zum Diakon geweiht. "Das war schon etwas ganz Besonderes", sagt sein Bruder Thomas über die Zeremonie. Als Diakon darf Beigel künftig Paare trauen, Kinder taufen und Gläubige beerdigen. Wandlung, Beichte und Krankensalbung obliegen allerdings dem Pfarrer. Und was passiert am Sonntag? Da stellt Pfarrer Jall im Gottesdienst um 10.15 Uhr den Gläubigen Bernhard Beigel als neuen Starnberger Diakon offiziell vor. Beigels erste Predigt handelt vom Lukasevangelium und dreht sich um zehn Aussätzige, die sich an Jesus mit der Bitte wenden, sie zu heilen.

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SZ vom 12.10.2019
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