Süddeutsche Zeitung

Sisi-Museum am Starnberger See:Kaiserin ohne Notgroschen

Lesezeit: 3 min

Dem Sisi-Museum in Possenhofen droht die Insolvenz, weil wegen der Corona-Krise seit 14 Monaten keine Einnahmen in die Kasse kommen, die Fixkosten aber weiterlaufen. Im Juni kann endlich wieder geöffnet werden - inklusive eines neuen Ausstellungsstücks

Von Sabine Bader, Pöcking

Rosemarie Mann-Stein schlägt Alarm. "Wir kämpfen ums Überleben", ruft die Leiterin des Kaiserin-Elisabeth-Museums in Possenhofen ins Telefon. Dabei wollte die Anruferin sich nur harmlos erkundigen, ob Mann-Stein gerade an einer Auktion von Sisi-Exponaten teilnimmt. "Ich kann nicht einmal mehr die laufenden Kosten bezahlen," sagt sie zerknirscht. Und wird noch deutlicher: "Wir stehen kurz vor der Insolvenz."

Seit 14 Monaten ist das Sisi-Museum in Possenhofen jetzt wegen der Pandemie geschlossen. Die Folge: ein Einnahmedebakel. Denn der Verein, der von seinen mehr als 90 Mitgliedern nur 20 Euro Jahresbeitrag verlangt, finanzierte sich bisher hauptsächlich über die Eintrittsgelder der Museumsbesucher, die an den Wochenenden zuhauf in die historischen Bahnhofsräume strömten. Über große Rücklagen verfügt der Verein daher nicht. Gleichzeitig laufen aber die Fixausgaben weiter. So müssten beispielsweise nach wie vor Versicherungsbeiträge und Wartungskosten bezahlt werden. Und an eher spärliche Besucherzahlen wird man sich in nächster Zeit wohl ohnehin gewöhnen müssen. Denn unabhängig von den momentanen Inzidenzwerten sind die Abstandsregeln in den engen Ausstellungsräumen das Hauptproblem.

Auch wenn das Museum vermutlich bald wieder öffnen darf, brechen dem gemeinnützigen Förderverein in diesem Jahr schätzungsweise 90 Prozent der Einnahmen weg, hat Mann-Stein ausgerechnet. Denn das Aufsichtsteam darf nur mehr 30 Besucher pro Tag einlassen. Wer die drei Räume mit Exponaten von und über Kaiserin Elisabeth von Österreich besuchen will, muss sich vorher online oder telefonisch anmelden. Er bekommt dann eine sogenannte Zeitscheibe für den Besuch zugewiesen. "Pro Stunde dürfen maximal fünf Personen eintreten." Pro Zeitscheibe hat der Besucher dann 45 Minuten.

Weil Führungen wegen der Corona-Krise im allgemeinen Betrieb nicht angeboten werden können, setzt das Museumsteam auf eine App: den Audio-Rundgang. So können die Besucher die Vitrinen in den Räumen frei auswählen, besichtigen und sich dabei so aus dem Weg gehen, dass sie die Abstände gut einhalten können. "Ich habe da voll auf die Digitalisierungs gesetzt", sagt Mann-Stein, die seit 13 Jahren Vereinschefin ist. Damit alles reibungslos klappt, sollten sich die Besucher schon vorher im Netz die kostenlose App auf ihr Smartphone geladen haben. Die Führung darauf wird in sechs Sprachen angeboten - Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch und Ungarisch. Den Text hat das Museumsteam zusammengestellt, eingesprochen wurde er von einem professionellen Sprecher. Man habe eine männliche Stimme gewählt, weil diese von Hörgeschädigten leichter verstanden werde, sagt Mann-Stein. Einen Tourguide per App für Gehörlose und Hörgeschädigte gibt es ohnehin schon, ebenso den Tourguide für Kinder von Kindern. Die Gemeinde Pöcking hat den neuen sechssprachigen Audio-Rundgang gemeinsam mit dem Landkreis finanziert. Sie hat auch noch eine Plexiglasvorrichtung an der Kasse und drei Luftentkeimungsgeräte spendiert.

Letztere hatte Mann-Steins Bruder, der Mediziner ist, in einem Ärzteblatt entdeckt und seiner Schwester gezeigt. Die rief den Entwickler an, der seinen Firmensitz im Raum Stuttgart hat, und beschrieb ihm die Situation im Museum. Tags darauf präsentierte der Firmenchef seine Erfindung in Pöcking, und die Kommune bestellte postwendend drei Geräte. Ohne diese Neuerungen könnte das Sisi-Museum am 1. Juni nicht öffnen.

Trotz all der Schwierigkeiten freut sich das 20-köpfige Museumsteam offenbar sehr darauf, endlich wieder Besucher empfangen zu dürfen. "Alle sind hoch motiviert", sagt Mann-Stein. In den vergangen Monaten habe sie immer versucht, den "Spirit im Team hochzuhalten". Auch ihr eigener Spirit hat offenbar durch die Pandemie nicht allzu sehr gelitten: "Ich bin es gewohnt, auch mit schwierigen Situationen umzugehen", sagt sie Und weil Aufgeben nun mal gar nicht ihr Ding ist, hat sie den Vereinsmitgliedern vor Wochen reinen Wein in Sachen Finanzschwierigkeiten eingeschenkt und eine interne Spendenaktion gestartet. Dadurch hofft sie, wenigstens die laufenden Kosten decken zu können. Die meisten der 20 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen verzichten derzeit ohnehin auf ihre Aufwandsentschädigungen.

Und noch eine Neuigkeit - eine positive: Zum bisher ausschließlich weiblichen Museumsteam hat sich jetzt ein Mann gesellt. Immerhin ein Anfang.

Das Kaiserin Elisabeth Museum kann von 1. Juni bis 24. Oktober besucht werden. Es hat Freitag, Samstag, Sonntag und feiertags jeweils von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Voranmeldung ist erforderlich: per Mail unter sisi-museum@web.de oder telefonisch unter 08157-925932. Gruppentermine können nur außerhalb der Öffnungszeiten arrangiert werden.

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Quelle:
SZ vom 21.05.2021
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