Süddeutsche Zeitung

Bauplanung:Krailling fühlt sich sitzengelassen

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Eigentlich wollte die Gemeinde das Emeran-Braun-Gelände entlang der Gleise gemeinsam mit Planegg entwickeln. Jetzt macht die Nachbargemeinde rund um den Bahnhof ihr eigenes Ding.

Von Carolin Fries, Krailling

Man kennt das aus Liebesfilmen: Da verspricht sich ein jugendliches Pärchen gegenseitig für die Zukunft - doch bis die da ist, hat einer der beiden was Besseres gefunden. In einer derartigen Szenerie wähnt sich aktuell Kraillings Bürgermeister Rudolph Haux (FDP).

Er fühlt sich von der Nachbargemeinde Planegg sitzengelassen. Beide Kommunen hatten 2017 gemeinsame Pläne für die Entwicklung des Emeran-Braun-Grundstücks entlang der Bahngleise geschmiedet, das Gelände liegt nicht weit entfernt vom Bahnhof Planegg. Es gab sogar einen Wettbewerb und ein Architekturbüro, das mit seinen Ideen alle Beteiligten überzeugte. Doch davon will die Würmtal-Gemeinde nun offenbar nichts mehr wissen. "Wir haben eine komplett veränderte Situation und wollen eine komplett neue Planung", erklärte Planeggs Bürgermeister Hermann Nafziger (CSU) unlängst.

In Krailling ist man wie vor den Kopf gestoßen: Sollten alle Mühen der vergangenen Jahre umsonst gewesen sein, die Vereinbarungen von einst vergessen? Damals schon war die Situation alles andere als leicht. Schließlich waren sowohl die Familie Braun als Grundstücks-Eigentümer, der benachbarte ehemalige Gaststättenbetrieb Heide-Volm als Besitzer der privaten Zufahrtsstraße zum Gelände sowie die Gemeinden Krailling und Planegg involviert.

Denn ein kleiner Teil des Areals, etwa 5000 Quadratmeter, liegt jenseits der Gemeinde- und Landkreisgrenze auf Planegger Flur. Doch man fand eine Lösung, die für alle tragbar war. Von knapp 60 Wohnungen war damals die Rede, die größtenteils über die Planegger Bahnhofstraße und die Privatstraße der Heide-Volm-Gastronomie erschlossen werden sollten. Lediglich 20 Prozent des Verkehrs zu den mehrgeschossigen Neubauten war über den Hackerberg in Krailling geplant.

Nun hat sich viel getan in den vergangenen Jahren. Beide Gemeinden haben neue Bürgermeister und Hermann Nafziger sagt, die Erschließung des Kraillinger Wohngebietes habe man einst sicherlich nicht zu solch massiven Anteilen über die Bahnhofstraße geplant. Schließlich zähle diese Straße zu den meistbefahrenen im ganzen Ort, alleine 500 Busse seien dort jeden Tag unterwegs. Und wenn doch, dann müsse man das nun eben ändern. Es könne schließlich nicht sein, dass sich die Gemeinden gegenseitig den Verkehr zu ihren jeweiligen Wohngebieten im Grenzbereich aufs Auge drücken. Nafziger redet sich freilich leicht, denn die Gemeinde Planegg hat im Sommer das Heide Volm-Grundstück erworben - und damit die Privatstraße, die zum Firmengelände des Gleisbaubetriebes von Emeran Braun führt.

Die Firma Braun hat ein Nutzungsrecht - doch geplant ist ein Umzug des Industriegewerbes, das sich kaum mit einer Wohnbebauung in unmittelbarer Nähe vertragen würde. Dann kann allein die Gemeinde Planegg bestimmen, wer die Zufahrt nutzen kann. Krailling ist also - hält sie an den bestehenden Planungen fest - auf Planegg angewiesen. Eigentlich ist das der Plan. Spätestens im Sommer 2024 will die Kommune mit einem Bauleitverfahren beginnen. Demnach habe die Firma Braun die nötigen Grundstücksregelungen mit der Bahn getroffen und könne den Betrieb nun verlagern, so Haux. Damit würde die Planegger Bahnhofsstraße im Übrigen nicht unerheblich entlastet, schließlich nutzten alle Mitarbeiter die Straße.

"Jeder soll mal für sich ein Konzept entwickeln", sagt Planeggs Bürgermeister

Derweil plant Planegg sein Bahnhofsareal nun komplett neu. Und zwar erst einmal ohne Krailling. Unlängst haben sich die Gemeinderäte zu einem Workshop getroffen, ein neues Architekturbüro ist im Boot, Verkehrsuntersuchungen wurden beauftragt. "Jeder soll mal für sich ein Konzept entwickeln", so Hermann Nafziger, "und dann können wir das ja verzahnen". Heißt im Klartext: Krailling soll sich mal selbst überlegen, wie das verkehrstechnisch über den Hackerberg funktionieren kann. Und wenn's hinten raus knapp wird, könne man ja ein bisschen was dazuhelfen. Spätestens Ende März will man in Planegg ein Konzept erarbeitet haben - dann sei man offen für Gespräche mit Krailling.

Rudolph Haux hätte sich mehr erwartet an interkommunaler Zusammenarbeit. Ein gemeinsames Verkehrskonzept, eine Abstimmung von Kinderbetreuungsangeboten und solchen für Senioren, eine abgestimmte Nahversorgung. "Das kann man doch gemeinsam machen." Außerdem wünscht er sich, dass Planegg einer Verschiebung der Gemeinde- und Landkreisgrenze zustimmt, womit das gesamte Areal auf Kraillinger Flur läge. Auch darüber habe damals in beiden Gemeinden Einigkeit geherrscht. Ob das noch möglich wäre? Hermann Nafziger will das nicht ausschließen, doch momentan sei das für Planegg "kein Thema".

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