Süddeutsche Zeitung

Kirchenorgel:Endlich wieder Hochzeiten mit "Ave Maria"

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Die 300 Jahre alte Orgel in St. Nikolaus auf der Ilkahöhe ist zwar historisch wertvoll, aber sie blieb bei Cis, Dis und Fis stumm. Nun ist sie ersetzt worden.

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Die Ilkahöhe südlich von Tutzing gehört zu den beliebtesten Ausflugszielen am Starnberger See - man hat einen fantastischen Rundblick bis zur Zugspitze, das Forsthaus Ilkahöhe lädt zur Einkehr und die Kirche St. Nikolaus krönt die 728 Meter hohe Erhebung.

Das Kirchlein, dessen Ursprung bis ins Mittelalter zurückreicht und das mit gotischen Figuren aufwartet, überrascht Besucher an diesem Pfingstwochenende mit zwei Neuheiten: Die Kuppel des Zwiebelturms ist mit Holzschindeln frisch gedeckt. Und dank der Großzügigkeit einer Tutzinger Familie verfügt das Gotteshaus über eine neue Orgel. Sie wird am Pfingstsonntag um 19 Uhr mit einem Barockkonzert eingeweiht.

Über das neue Instrument dürften sich nicht nur die Brautpaare freuen, die auf der Ilkahöhe heiraten, sondern auch Tutzinger, die zu den Messen an hohen Feiertagen heraufkommen. Denn die vorherige, 300 Jahre alte Schleich-Orgel (siehe Kasten) gilt zwar als historisch interessant und wertvoll, wurde aber vom Klang her als spitz empfunden. Zudem wich sie um einen Halbton nach oben ab und verfügte nur über eine kurze Oktave. Die Töne Cis, Dis, Fis und Gis kamen nicht vor. Darunter litten die singenden Gottesdienstbesucher nicht unerheblich.

Aber auch für Helene von Rechenberg, die seit 2009 als Tutzinger Kirchenmusikerin sehr aktiv ist und eine internationale Orgelmusikreihe gründete, brachte das Einschränkungen im Repertoire - "Ich konnte bei Hochzeiten kein Ave Maria spielen" - und im Zusammenspiel mit anderen Musikern. Sie mussten immer transponieren.

Die 43-jährige Organistin spricht nun von "einer Riesenfreude" über die Heiß-Orgel, benannt nach dem jungen Orgelbaumeister Stefan Heiß aus Vöhringen in Schwaben. Der Klang sei "raumfüllend, sehr befriedigend", die Orgel einsetzbar für verschiedene Stilrichtungen. Seit Mitte April wurde das Instrument, das fünf Register hat, in St. Nikolaus aufgebaut. Nachdem sich die Orgel an die Luftfeuchtigkeit auf der Ilkahöhe gewöhnt hatte, wurde sie in den vergangenen Tagen intoniert.

Tutzings Kirchenpfleger Alfons Mühleck ist dankbar, dass St. Nikolaus nach der Generalsanierung 2004 "neuen Glanz innen und außen" bekommen hat. Über die Stifter-Familie der neuen Orgel bewahrt er ebenso Stillschweigen wie über die Kaufsumme. Die Gönner hätten um Anonymität gebeten. Nur soviel: "Das sind Musikliebhaber, die möchten, dass Menschen sich an schönem Klang erfreuen." Deutlicher wird Mühleck bei den Sanierungskosten der Turmhaube. 50 000 Euro verschlangen das Dach und der Turmanstrich. Etwa 60 Prozent übernimmt die Diözese Augsburg. Das Baugerüst konnte gerade noch rechtzeitig vor der Orgeleinweihung abgebaut werden.

Die Kirche auf der Ilkahöhe gehört zur Tutzinger Pfarrgemeinde St. Joseph. Pfarrer Peter Brummer weiht die neue Orgel diesen Sonntag. Was in ihr steckt, zeigt Organistin Helene von Rechenberg im Einweihungskonzert mit Eva Maria Röll (Barockgeige) und Agnès Blanche Marc (Flöten). Sie spielen Barockwerke von Corelli, Teleman und Couperin. Für die etwa 95 Sitzplätze in St. Nikolaus gibt es noch einige Platzkarten in der Buchhandlung Held. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten.

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Quelle:
SZ vom 19.05.2018
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