Süddeutsche Zeitung

Jahresausstellung in Herrsching:Der Zauber der Verwandlung

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Der Regionalverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberbayern West präsentiert sich unter dem Titel "Metamorphose" im Haus der Bayerischen Landwirtschaft.

Von Katja Sebald, Herrsching

Erstmals präsentiert sich der Regionalverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberbayern West mit seiner Jahresausstellung im Landkreis Starnberg. Rund um den schönen Innenhof im Haus der Bayerischen Landwirtschaft in Herrsching sind noch bis Ende Juni insgesamt 39 verschiedene Positionen aus den Bereichen Malerei, Skulptur und Fotografie zum Thema "Metamorphose: Die Kunst der Transformation" zu sehen.

In der Botanik versteht man unter Metamorphose die Anpassung einer Pflanze an veränderte Umweltbedingungen, um ihr Überleben zu gewährleisten. In der griechischen Mythologie aber war der Gestaltenwandel ein Zeichen göttlicher Macht. Eine Metamorphose konnte für Menschen Strafe oder Rache sein, aber auch Erlösung bedeuten oder als trickreiche List von männlichen Gottheiten bei ihren Liebesabenteuern eingesetzt werden. So näherte sich etwa Zeus der Europa in Gestalt eines Stiers und der Danaë gar als goldener Regen. Zu den berühmtesten Metamorphosen aber gehört wohl die Verwandlung der Daphne in einen Lorbeerbaum, durch die sie sich vor dem liebestollen Apollon retten konnte.

An diesen Moment der Metamorphose erinnert die Skulptur "Der Übergang" von Bert Praxenthaler: Eine weibliche Figur tritt gleichsam in einen Baumstamm hinein, der freilich aus oberbayerischem Pflaumenholz besteht und nicht aus mediterranem Lorbeer. Eine ganze Reihe von Künstlern hat sich mit der eigenen Verwandlung von jung zu alt auseinandergesetzt. So hat etwa Heiner Beyer eine Fotocollage angefertigt, die ihn selbst in drei verschiedenen Lebensaltern zeigt. Auch die Doppelfotografie von Peter Wilson zeigt ein Vorher und ein Nachher; allerdings geht es bei dieser Verwandlung um die Kostümierung als "Fantasy Warrior".

Gisela Detzer präsentiert unter dem Titel "Das nächste Frühjahr kommt bestimmt" eine recht plakative Objektcollage mit Rupfensäcken, die den Schutz von empfindlichen Hochstämmchen gegen Frost darstellen soll. Klaus-D. Stahlendorf hat eine Eisenplatte als Malgrund verwendet, um deren Verwandlung durch Oxidation darzustellen. Subtiler ist das Bild von Gitte Berner-Lietzau, die ein Stückchen von einem verwitterten, mit Moos und Flechten bewachsenen Betonring abmalte, der jahrelang als Feuerstelle im Garten gedient hatte. Margarete Bartsch schließlich zeigt am Beispiel eines einzigen Blatts, dessen zartgrüne Frühjahrsfarbe sich zum prächtig glühenden Herbstton wandelt, den ewigen Kreislauf der Natur. Silvia Mühleisen sorgt in einem feinen mattfarbigen Stillleben für Metamorphosen durch Übermalungen, und Burkard Niesel zeigt die Fotodokumentation einer Land-Art-Aktion, für die er eine riesige, aus Fichtenholz gebaute Samenform in einem Erdschacht verbrannte.

Einige Künstler haben sich dem Thema mit Humor genähert: So malte etwa Oliver C. Grüner das Zerrbild einer extrabreiten Strandschönheit als "Baaarbie". Und Anemone Rapp geht in einer heiteren Collage den Metamorphose-Optionen aus der Sicht einer Karotte nach: "Bin ich lieber Kuchen oder Salat?" Gerhard Stachora aber zeigt in seiner Fotocollage mit dem Titel "Trümmerblume oder Metamorphose 2022" nicht weniger als das Auseinanderfallen unserer Weltordnung. Einzelne Bildteile stehen für die Verwerfungen im sozialen, wirtschaftlichen, politischen, religiösen und kulturellen Bereich, die durch den Krieg in der Ukraine ausgelöst wurden.

Die Malerin Rose Brouwers, 1929 in Jakarta geboren und mit der Weisheit des Alters ausgestattet, hat für diese Ausstellung ein Bild mit dem Titel "Meine neuesten Gedanken" eingereicht. Das abstrakte Gemälde, eine der stärksten Arbeiten in dieser Ausstellung, stammt aus dem Jahr 2001 und zeigt ein dichtes Geflecht aus gestischen Pinselstrichen in lichten und gleichsam hoffnungsvollen Grüntönen. Im Begleittext zitiert sie den Maler Caspar David Friedrich: "Der Maler soll nicht nur malen, was er vor sich sieht, sondern auch, was er in sich sieht. Sieht er aber nichts in sich, so unterlasse er es auch, zu malen, was er vor sich sieht."

Die Ausstellung im Haus der Bayerischen Landwirtschaft in Herrsching ist bis zum 29. Juni jeweils montags bis freitags von 8 bis 19 Uhr zu sehen.

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