Süddeutsche Zeitung

Freizeit im Fünfseenland:Der Traum vom eigenen Steg

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Am Weßlinger See häufen sich die Beschwerden: Immer wieder die gleichen Bürger dürfen einen Zugang pachten und Bootshütten nutzen. Nun will die Gemeinde alte Verträge prüfen und neue abschließen.

Von Patrizia Steipe, Weßling

Derzeit drehen die Schlittschuhläufer ihre Runden, doch schon bald werden die Seen wieder den Wassersportlern gehören. Viele von ihnen träumen von einer eigenen Bade- oder Bootshütte oder zumindest einem eigenen Steg. In Weßling könnte es bald die Möglichkeit geben, diesen Traum zu verwirklichen.

Der Gemeinderat hat einstimmig beschlossen, "allen Weßlinger Bürgerinnen und Bürgern gleichberechtigt die Möglichkeit zu geben, ein Recht für einen Steg, eine Boots- oder Badehütte am Weßlinger See zu pachten". Die Anregung kam vom Rechnungsprüfungsausschuss der Gemeinde. Dem Gremium war aufgefallen, dass die Pachtverträge seit Jahrzehnten nicht angepasst worden waren. "Sie müssen beispielsweise bezüglich der Laufzeit überprüft werden", erklärte Kämmerer Sebastian Görlitz. Bürger hätten sich beschwert, "dass immer dieselben das Recht zu pachten haben". Noch in diesem Jahr hofft Görlitz auf einen "Fahrplan" mit dem Ziel, von alten auf neue, möglichst einheitliche Pachtverträge umzusteigen. Dabei sollen Kriterien zur Vergabe definiert werden.

1968 hat die Gemeinde Weßling den Weßlinger See vom Grafen Toerring zu Seefeld für 200 000 Mark abgekauft. Der 720 Meter lange und 240 Meter breite See mit einer Tiefe von bis zu zwölf Metern war in einem schlechten Zustand. Da er keine Zu- oder Abflüsse hat, drohte er zu kippen. Eine Ringkanalisation und Pumpen wurden in den 1970er-Jahren installiert und damit die Wasserqualität verbessert.

Als Seebesitzer hat die Gemeinde seit fünf Jahrzehnten das Recht, Plätze für Stege und Hütten zu verpachten. Derzeit gibt es etwa zehn Hütten und fast doppelt so viele Stege. Allerdings muss die Gemeinde auch die Kosten für die Pflege des Sees und des Uferbereichs tragen. Die Belüftung des Gewässers mittels Pumpe kostet beispielsweise jährlich rund 9000 Euro an Stromkosten und für das Algenmähboot müssen ein- bis zweimal im Jahr jeweils 4000 Euro gezahlt werden, zählte Görlitz auf. Da würden höhere Pachten die Gemeindekasse entlasten. Derzeit zahlen die Pächter etwa 500 Euro für eine Hütte im Jahr und 100 Euro für einen Steg.

Die meisten Bootshütten stehen schon länger als 50 Jahre. Die Familie des FDP-Gemeinderats Roland von Rebay besitzt ein Haus am See, das Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut worden war. "Die Bootshütte gibt es schon ewig", erinnert sich Rebay. Aus den 1950er-Jahren hat er noch ein Foto, das ihn als Kind an der Bootshütte zeigt. Was den Pachtvertrag angeht, so gebe es dafür einen Grundbucheintrag, erklärt er. Ob das für die anderen Bootshütten, deren ursprüngliche Pächter zum Teil schon verstorben oder weggezogen sind, auch gilt, wird die Gemeinde überprüfen.

Der Fischereiverein "Die Stichlinge" hat mehrere Stege am Weßlinger See bauen dürfen. Albert Stemmer war langjähriger Vorsitzender des Vereins. In der Pacht seien auch Beträge zur Erhaltung des Sees enthalten. Er macht sich keine Sorgen, dass der Verein eventuell Stege abgeben müsse, denn ohne die Fischer, die am Weßlinger See nach dem Rechten sehen, würde es dort längst keine Fische mehrgeben. "Kapitale Hechte, über zwei Meter lange Waller, Zander, Schleien, Weißfische, Aale und Karpfen" machen den See zu einem attraktiven Revier.

Stegbesitzer zu sein, sei nicht immer nur eine Freude. Manchmal würden in der Nacht Partys auf den Stegen gefeiert. Am Morgen finden sich dann Scherben, es wurde sogar schon ein Lagerfeuer auf einem Steg angezündet oder ganze Bretter rausgerissen. Jährlich müssen die Stege auf Standsicherheit überprüft werden. Das derzeitige Eis stört den Fischer nicht, im Gegenteil. Reparaturen könnten bei tragfähigem Eis leichter durchgeführt werden.

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Quelle:
SZ vom 24.01.2019
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