Süddeutsche Zeitung

Energiewende:Gilching setzt auf Geothermie

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Gemeindewerke wollen Erdwärme am Sonderflughafen nutzen und Kunden gewinnen

Von Christian Deussing, Gilching

Die Gemeindewerke Gilching verfolgen ein ehrgeiziges Ziel: Sie wollen auf Tausende von Bürgern zugehen und langfristig eine energie- und wärmeautarke Gemeinde schaffen. So sollen bis Ende 2027 mindestens 500 Kunden für Fernwärme gewonnen werden, wofür jetzt rund 6000 Fragebögen an Gilchinger Haushalte verteilt werden. Man arbeite intensiv an dieser Strategie und sei auf einem "sehr guten Weg", betont Bürgermeister Manfred Walter (SPD). Er verweist darauf, dass es ein derartiges Konzept bisher im Landkreis Starnberg noch nicht gebe.

Die Gemeinde will für das Fernwärmeprojekt in den kommenden sieben Jahren 20 Millionen Euro investieren und hierfür das Leitungsnetz von einem auf 16 Kilometer ausbauen. Von einer "Vision und Mission" spricht Klaus Drexler, der seit sieben Monaten die Gemeindewerke leitet. Er strebt mit seinem Team "im Auftrag der Bürgerschaft eine ökologisch nachhaltige und wirtschaftlich vertretbare Wärmeversorgung" an - und hat dazu 14 Wohngebiete und die vier Gewerbegebiete ausgewählt. Die Einwohner würden in Veranstaltungen zu den neuen Chancen der Wärmeversorgung informiert, den Anfang mache am 4. März der Ortsteil Argelsried, kündigt Drexler an. Der 52-jährige Diplom-Wirtschaftsingenieur will auch mit lokalen und regionalen Fachbüros kooperieren, um die Herausforderungen auf dem Energiesektor mit seinem Team meistern zu können. Als Vorbilder sieht er unter anderem die Gemeindewerke Peißenberg sowie die Gemeinden Pullach und Oberhaching

Für Drexler ist die erste Option, die Fernwärme aus der Geothermie zu gewinnen. Darüber gebe es bereits Gespräche mit einem Konsortium der Asto-Gruppe beim Sonderflughafen. Das Potenzial, heißes Wasser aus der Tiefe zu fördern, sei in dem Gebiet sicher vorhanden, erläutert Jan Haas, Projektleiter für Fernwärme bei den Gemeindewerken. Zudem ist er Umwelt- und Energiebeauftragte in Gilching. Nun soll voraussichtlich bis Juni dem Geothermiekonsortium mitgeteilt werden, wie viel Erdwärme zu welchem Preis möglicherweise abgenommen werden könnte.

Zu den Gemeindewerken, die zudem für die Wasserversorgung zuständig sind, gehört auch Albert Pfannes. Der Technische Leiter ist in der stark wachsenden Gemeinde mit ihren fast 20 000 Einwohnern bestens vernetzt. Er soll neue Kunden für die Anschlüsse gewinnen. Im Fokus stehen auch eigene Liegenschaften wie Schulen sowie Hausverwaltungen und Wohnungsbaugesellschaften, die angesprochen werden sollen.

In der zweite Phase des Gesamtprojektes zwischen 2023 und 2025 liege das Augenmerk auch auf dem Wohnprojekt "Gilchinger Glatze", sagt Drexler. Dort sollen etwa 500 Wohnungen für bis zu 2000 Menschen gebaut werden. Es gibt aber auch hier die Option, die Wärme mit Holzhackschnitzel zu erzeugen. Ein Heizkraftwerk soll bei dem neuen Gewerbepark Ost an der Lindauer Autobahn errichtet werden.

Ein weiterer Geschäftsbereich der Gemeindewerke ist das Stromnetz: Hier läuft der Konzessionsvertrag mit dem Bayernwerk in zwei Jahren aus. Doch nach Angaben Drexlers müssten noch heuer die Kommunalpolitiker entscheiden, ob der Vertrag mit diesem Energieversorger verlängert oder vielleicht das Stromnetz übernommen werden könnte, um darauf Einfluss zu nehmen, so Drexler.

Der Rat habe auch zu entscheiden, ob der "Regiebetrieb" der Gemeindewerke in ein Kommunalunternehmen oder auch in eine GmbH umzuwandeln sei. Dadurch könne man wohl wirtschaftlicher und eigenständiger agieren, glaubt Drexler.

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Quelle:
SZ vom 14.02.2020
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