Süddeutsche Zeitung

Einweihung der Westumfahrung in Starnberg:Kühle Angelegenheit

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Mit gut 200 Gästen feiert die Stadt Starnberg die neue Entlastungsstraße zwischen Söcking und Waldkreuzung. Offizielle Vertreter des Staatlichen Bauamts und des Landkreises bleiben der Veranstaltung aber fern.

Von Astrid Becker, Starnberg

Bürgermeisterin Eva John erscheint im Dirndl nebst passender Jacke. Das ist insofern bemerkenswert, weil sich die meisten anderen der gut 200 Gäste an diesem Tag in dicke Daunenmäntel oder -jacken gehüllt haben. Zwar meint es Petrus besser mit der Stadt Starnberg als erwartet, - bisweilen lässt sich sogar die Sonne sehen-, dennoch zieht von unten, vom Asphalt, Kälte in die Knochen. Aber egal, schließlich wird ein zwei Jahrzehnte währendes Projekt zum Abschluss gebracht: Die neue Westumfahrung. Die Einweihung der Stadt mit einem Bürgerfest an diesem Samstag war allerdings nur der erste Akt - denn für den Verkehr freigegeben wird die Straße erst am Montag.

Dieser zweite Akt wäre unter normalen Umständen wohl nur eine Formalie gewesen. Allerdings konnten sich Stadt und Staatliches Bauamt im Vorfeld nicht über den Ablauf der Eröffnung am 1. Dezember einigen. Das Ganze war dann wohl eskaliert, denn das Staatliche Bauamt sagte seine Teilnahme an der Feier am Samstag ab - und lädt nun die Bürger für den Montag ein. So verwundert es auch nicht, dass beim Bürgerfest am Samstag nur Rathauschefin Eva John aufs Rednerpult steigt. Sie nennt die neue Straße dabei "eine große Bauleistung, eine große Investition und einen Meilenstein für die Verkehrsentlastung" der Stadt und ihrer Ortsteile. Auf die langwierige und komplizierte Planungsgeschichte des Bauwerks geht sie nur wenig ein. Einen Seitenhieb an Alt-Landrat Heinrich Frey und Alt-Bürgermeister Ferdinand Pfaffinger kann sie sich aber nicht verkneifen: Die Westumfahrung habe "viele Väter und Mütter", nicht nur "zwei Männer in dunklen Anzügen". Sie spielt damit auf die Pressekonferenz an, zu der Frey und Pfaffinger vor der Eröffnung gebeten hatten, um vor Ort in Wintermänteln an die komplexe Planungsgeschichte zu erinnern - weil "Frau John jetzt so tut, als sei sie die Erfinderin der Westumfahrung", wie Frey bei dieser Gelegenheit sagte.

John lobt dann tatsächlich das Engagement der Stadt, die 13 Millionen Euro für Grunderwerb und Straßenbau in die Hand genommen habe, um die Straße früher bauen zu könne, als es der Freistaat vorgesehen habe. Sie verschweigt auch nicht, dass 80 Prozent davon nun wieder an die Stadt zurückfließen, "durch eine gute Förderquote". Trotzdem beharrt sie auch, von der SZ auf den Eklat mit dem Bauamt angesprochen, darauf, dass die Stadt die Straße gebaut und auch bezahlt habe. Der Streit mit dem Bauamt sei daher nur "hohe Politik" und "unnötig". Dessen Aufforderung, auf Hoheitszeichen des Freistaats zu verzichten, sei sie nicht nachgekommen, weil es eine Richtlinie gebe, "in der wir angehalten sind, bei geförderten Straßen auch darauf hinzuweisen." Deshalb prangt so ein Hoheitszeichen auch auf dem Plakat hinter dem Rednerpult. Das Bauamt dürfte darüber nicht glücklich sein. Doch, wie angekündigt, ist niemand aus der Behörde erschienen.

Auch Landrat Karl Roth ist nicht gekommen, Alt-Bürgermeister Pfaffinger ebenso wenig und auch viele andere Bürgermeister nicht. Selbst der Stadtrat ist nur mit einem guten Drittel der 30 Ratsmitglieder vertreten. Johns Stellvertreter Klaus Rieskamp hat sich dagegen unters Volks gemischt. In der Hand hält der Parteifreie ein Tannenzweiglein, an dem ein Zettel hängt: "Ich bin ein BI-Bäumchen. Und wenn ich groß bin, werd' ich mal ein Brett vor'm Kopf" ist darauf geschrieben. Wer ihm das an sein Zweiglein gehängt hat, verrät Rieskamp nicht. Aber auch dieser weiße Zettel zeigt, wie sehr sich die Geister in Starnberg scheiden, wenn es um das Thema Verkehr geht. Denn die Tannenzweiglein hat die Bürgerinitiative "Pro Umfahrung - Contra Amtstunnel" verteilt - als Ausgleich zu den für die Umfahrung abgeholzten Bäumen und als Ausdruck ihrer Freude über die neue Straße, die für sie "die Hälfte der seit Jahren verfolgten Gesamtumfahrungsidee Starnbergs" ist, wie sie in einer Mitteilung verlautbaren lässt. Bei John kommt das gut an. Sie lobt diese Idee, - auch wenn sie zuvor von den Stadtratsfraktionen von CSU, UWG, SPD, Grünen und Parteifreie aus Gründen der "politischen Neutralität" aufgefordert worden war, derlei Aktionen von der BI zu unterbinden. Auch die auf einem Plakat zum Ausdruck gebrachte Forderung des Kreisverbands des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs nach Nachbesserungen für den Radverkehr an der Westumfahrung, begrüßt sie in ihrer Rede ausdrücklich und kritisiert dabei den Freistaat, der bei Gut Mamhofen uralte Wegebeziehungen zerschnitten und nicht ersetzt habe. Aber wie dem auch sei: Vom Freistaat ist an diesem Tag niemand da, der darauf reagieren könnte.

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SZ vom 03.12.2018
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