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Stadtentwicklung:Im Werksviertel soll ein neuer Typ Stadt entstehen

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Auf dem Gelände des Gewerbegebiets logieren Konzertsaal, Ateliers, Büros und Wohnungen künftig Tür an Tür. Auch grasende Schafe sollen ihren Platz finden.

Von Laura Zwerger, München

Es ist eines der letzten großen Gewerbegebiete in der Stadt, das sich gründlich häutet und als Kreativ-Quartier zu neuem Leben erwachen wird. Das Areal des Werksviertels, das zwischen Ostbahnhof, Rosenheimer sowie Aschheimer und Ampfingstraße liegt, soll neben Wohnraum für mehr als 3000 Menschen auch 7000 neue Arbeitsplätze und einen kulturellen Treffpunkt beherbergen.

"Hier entsteht ein neuer Typ von Stadt", erklärt Landschaftsarchitekt Klaus Overmeyer von Urban Catalyst, einem beauftragten Expertenbüro aus Berlin. Der Bebauungsplan für das Gelände soll voraussichtlich 2017 abgeschlossen sein. Dann kann mit den Bauarbeiten begonnen werden. Vorab haben Overmeyer sowie weitere Verantwortliche interessierten Nachbarn das Konzept des neuen Handlungsraums bei einem Stadtspaziergang vom Orleansplatz bis nach Berg am Laim vorgestellt.

Die Tour ist eine von dreien, die im Münchner Osten innerhalb des Stadtentwicklungskonzepts "Perspektive München" stattfinden. Dabei werden Räume vorgestellt, die sich durch eine besondere Entwicklungsdynamik und daher auch durch einen erhöhten Handlungsbedarf auszeichnen. Neben dem Werksviertel am Ostbahnhof konnten die Nachbarn in den vergangenen Tagen auch das Quartier entlang des Mittleren Rings und Giesing mit den Städteplanern erforschen.

Eine große Veränderung am Ostbahnhof wird ohne Zweifel der für 2020 geplante Konzertsaal sein, der auf dem ehemaligen Gelände der Feiermeile Kultfabrik entstehen soll. "Das wird ein kultureller Eventbereich - direkt in der Mitte des neuen Viertels", kündigt Overmeyer an. Ein einzigartiger Mix von Arbeit, Wohnen und Kultur soll nah aneinander auf dem Areal untergebracht werden. Bestehende Gebäude wie das Werk 3 versinnbildlichten dieses Konzept bereits - dort liegen Tür an Tür Büros, Veranstaltungsräume, Gastronomie und Ateliers.

Außergewöhnlich an der Bauplanung des Werkviertels ist unter anderem auch, dass Neu und Alt eins werden sollen. Erste Beispiele für dieses Konzept gibt es bereits. So hat das Werk-3-Gebäude ursprünglich die Produktion der Firma Pfanni beherbergt.

Durch Modernisierung und Erweiterungen konnte dieses erhalten bleiben, und auch weitere alte Gebäude mit guter Bausubstanz sollen in das neue Stadtbild integriert werden: Ein australischer Unternehmer möchte demnach ein Hotel über ein altes Silo bauen, das wie ein Aufsatz darüber hinaus in die Höhe ragt. Von den Zimmern aus können Gäste dann nicht nur über das Viertel blicken, sondern auch auf die besonders gestaltete Dachterrasse des benachbarten Werk 3: Denn darauf sollen Schafe grasen.

Neben solch kreativen Ideen verfolgt die Stadt aber auch alltagsrelevante Ansätze: "Das Schulversorgungsproblem wird gelöst, indem das Viertel eine eigene Grundschule bekommt", so Overmeyer. Auch drei Kindertagesstätten und Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf gehören zur Basis-Ausstattung. "Man hat letztlich viele unterschiedlich genutzte Flächen auf engem Raum", erläutert der Landschaftsarchitekt.

Nicht nur das neue Werksviertel ist im Visier der Stadtplanung. "Auch angrenzende Viertel sind im Sog davon", erläutert Mario Abel vom beteiligten Architekturbüro Yellow Z. Daher sei es wichtig, nicht nur über die Veränderungen unmittelbar am Ostbahnhof zu sprechen, sondern Anwohner auch darüber zu informieren, was sich in den benachbarten Gebieten tut.

"Es passiert gerade viel", sagt Teilnehmerin Bettina Seeger aus Berg am Laim. "Und das betrifft uns auch indirekt." Das ist ein Grund, weshalb der Spaziergang beispielsweise auch zu den Wohnanlagen nahe dem Piusplatz führt, die in den vergangenen zehn Jahren durch Grünanlagen und Modernisierungen lebenswerter gestaltet wurden. Dort konnte die Gruppe bereits umgesetzte Baumaßnahmen unter die Lupe nehmen.

Damit die Münchner sich das künftige Werksviertel auch vorstellen können, plant das Referat für Stadtplanung eine weitere Besonderheit: Innerhalb eines Handlungsraum-Forums soll Ende November ein begehbares Modell des Baukonzepts ausgestellt werden. Das ist damit auch der Zeitpunkt, an dem Wohnungen, Büros und Ateliers zum ersten Mal Gestalt annehmen, inmitten von Konzertbühnen und grasenden Schafen.

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Quelle:
SZ vom 06.06.2016
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