Süddeutsche Zeitung

Rathaus:Die Münchner SPD schwächt sich

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Fraktionschef Reissl hat sich durch seine knorrige Art nicht nur Freunde gemacht. Doch die Partei muss bedenken, dass sie in der Koalition mit der CSU einen Charakterkopf an der Spitze gut gebrauchen kann.

Kommentar von Heiner Effern

Einer der mächtigsten Männer Münchens kämpft um sein politisches Überleben. Alexander Reissl, seit acht Jahren Chef der SPD-Fraktion im Stadtrat, muss am Montag sein Amt gegen den bisherigen Stellvertreter Hans Dieter Kaplan verteidigen. Schon nach dem desaströsen Ergebnis der SPD bei der Kommunalwahl vor zwei Jahren gab es Parteikollegen, die den Fraktionschef dafür verantwortlich machten und ihn deshalb loswerden wollten. Reissl behauptete sich jedoch und wirkte danach in seiner knorrigen Art durchaus souverän.

Doch in seiner Fraktion und auch der Partei gärte es weiter. Sein pragmatischer, gerade für den linken Flügel oft viel zu CSU-naher und zudem als herrisch empfundener Führungsstil stört viele. Nun probt mit Kaplan einer den offenen Aufstand. Stimmt nicht, wird es nun offiziell von der SPD heißen. Wir sind nur total demokratisch, ist doch toll, dass wir so viele gute Leute haben, die nach vorne streben. Klingt gut, liegt aber in der Praxis voll daneben.

Der Job des Fraktionschefs der SPD ist einer der schwierigsten in der lokalen Politik. Auf der einen Seite muss er sich gegen einen Oberbürgermeister aus der eigenen Partei behaupten, der traditionell wenig Lust hat, Macht an seine Genossen abzugeben. Auf der anderen hat er die Partei, die im Gegensatz zur CSU ständig in der Rathauspolitik mitmischen will. Dazwischen gilt es, die eigenen Stadträte bei Laune zu halten und deren Interessen durchzusetzen.

Diesen entscheidenden machtpolitischen Posten in der Stadt wird nun entweder ein angeschlagener Reissl besetzen, den in der CSU-Fraktion womöglich mehr Mitglieder schätzen als in seiner eigenen. Oder aber der unbescholtene Finanzexperte Kaplan, dem viele in seiner Partei die strategische und machtpolitische Kraft an dieser Schnittstelle nicht zutrauen. Egal wie der Kampf ausgeht, die SPD als Fraktion wird geschwächt daraus hervorgehen.

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Quelle:
SZ vom 20.04.2016
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