Süddeutsche Zeitung

Prozess:Deutsches Theater streitet mit Wiesnwirt - ein kleines Drama vor Gericht

Lesezeit: 2 min

Von Stephan Handel

Einmal einer Beziehung live bei der Zerrüttung zusehen - das gab's am Dienstagvormittag vor dem Landgericht. Um eine Liebesbeziehung ging's jedoch nicht, sondern um einen Stiftl und einen Steer, genauer gesagt um den Gastronomen Lorenz Stiftl und um Werner Steer, Geschäftsführer des Deutschen Theaters. Es braucht keine prophetische Gabe für die Feststellung: Freunde werden die beiden in diesem Leben nicht mehr.

Stiftl ist Pächter der Gastronomie im Deutschen Theater, zunächst, von 2011 an, im damaligen Ausweichquartier in Fröttmaning, nach beendeter Sanierung seit 2014 im Stammhaus an der Schwanthaler Straße. Kurz nach dem Umzug haben die Streitereien offenbar angefangen, zu einem Zeitpunkt, als das Rathaus Stiftl bei der Vergabe des freigewordenen Hippodrom-Platzes auf dem Oktoberfest überging.

Das Theater will Geld von Stiftl, Stiftl will Geld vom Theater: Die gegenseitigen Forderungen aus Klage und Widerklage summieren sich zusammengerechnet auf einen Streitwert von gut 400 000 Euro. Das Theater verlangt zum Beispiel 15 000 Euro an Reinigungskosten.

Stiftl aber kontert, dass der Pachtvertrag ihn nicht dazu verpflichte, die Treppen und Toiletten zu reinigen. So läppert sich die Summe zusammen, in den Auflistungen fehlt übrigens auch ein Posten über 80 Euro nicht: "Fehlbestand Programmhefte" macht das Theater da geltend, für sich genommen schon ein Gradmesser für die Tiefe der Verärgerung.

Hannes Seebacher, der Vorsitzende Richter der 2. Zivilkammer, redet den Streithanseln dringlich ins Gewissen: dass es Jahre dauern könnte, wenn wirklich jeder einzelne Punkt streitig entschieden werden müsse, mit Beweiserhebung, Zeugen, Inaugenscheinnahme jeder einzelnen Rechnung und der dahinterstehenden Verträge.

Werner Steer aber verweist darauf, dass das Deutsche Theater ja ein städtisches Unternehmen sei, mithin mit Steuergeld umgehen würde, worauf Seebacher allerdings nur trocken erwidert: "Auch der Landeshauptstadt München ist es nicht verboten, sich zu vergleichen." Und, auch das gibt der Richter zu verstehen: Steer solle nicht glauben, dass er in allen Punkten recht bekommen werde.

Schließlich, als er sieht, dass alles nichts hilft, macht der Richter seinerseits einen Vergleichsvorschlag, der in ungefähr wiedergibt, wie er die Sache sieht: 20 000 bis 25 000 Euro zahlt das Theater an Stiftl, und gut ist's. Steer fragt ungläubig nach: "Wir sollen ihm was zahlen?"

Der Richter antwortet: "In der Tat." Damit ist nun natürlich alles aus, nun wird gestritten werden. Der Pachtvertrag zwischen Lorenz Stiftl und dem Deutschen Theater läuft am 30. November des kommenden Jahres aus. Wenn sich die beiden (gewesenen) Partner nicht doch vorher einigen, so wird der Prozess bis dahin noch lange nicht beendet sein.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3518912
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 24.05.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.