Süddeutsche Zeitung

Polizei:Welche Nummer im Notfall schnelle Hilfe verspricht

Lesezeit: 2 min

Von Martin Bernstein

Wann soll man den Polizeinotruf 110 verständigen? Welche Nummer verspricht in S- oder U-Bahn schnelle Hilfe? Und warum gibt es keine Notrufe per SMS? Der Fall eines 55-jährigen Münchners, der Anfang November in einer S6 bedroht und beleidigt wurde, beschäftigt viele Münchner.

Ammar Fetaiti hatte in der Hoffnung auf schnelle Hilfe die 0800-Nummer der Bundespolizei gewählt, die mehrfach in jedem S-Bahn-Waggon zu lesen ist. Was Fetaiti nicht wusste: Diese Nummer ist gedacht für eher weniger brisante Fälle und verbindet den Anrufer mit der Bundespolizei-Zentrale in Potsdam. Warum die Beamten ihre Münchner Kollegen nicht informierten, blieb bis Redaktionsschluss offen.

"Was mir fehlt, ist eine Nummer, an die ich im Fall der Fälle eine SMS schicken kann", schreibt ein Facebook-Nutzer. "Wenn in meiner Nähe ein aggressiver, gewalttätiger, gefährlicher Typ steht, werde ich kaum ins Handy kreischen: Hallo? Polizei?" Manche Kommentatoren halten das für eine gute Idee - die Polizei nicht. Die Probleme würden die Vorteile klar überwiegen, heißt es aus dem Polizeipräsidium München.

Bei einer SMS wisse man nicht, wer dahinter steckt, sagt Polizeisprecher Werner Kraus. Und sie ermögliche keine spontanen Rückfragen. Die sind aber wichtig, das erleben die Beamten der Einsatzzentrale bei ihren 800 bis 1000 Notrufen pro Tag immer wieder. "Wer bin ich? Wo halte ich mich auf? Was ist passiert? Wann ist es passiert? Wie viele verletzte oder beteiligte Personen? Kann ich die Täter beschreiben? Wie und wohin sind die Täter geflüchtet?"

"Hört auf Euer Bauchgefühl!"

Irgendeine Antwort fehlt fast immer. "Außerdem kann eine SMS unter Umständen lange im Netz unterwegs sein", gibt Kraus zu bedenken. Der Absender warte dann auf schnelle Hilfe - während sein Notruf möglicherweise noch gar nicht angekommen sei. Notrufe per SMS sind freilich trotzdem möglich: Sie sind jedoch ausschließlich Gehörlosen vorbehalten.

"Hört auf Euer Bauchgefühl!" rührt die Polizei auf Facebook die Werbetrommel für die Notrufnummer. "Wir sind dankbar für jeden Hinweis." Wer freilich die 110 aus Jux und Tollerei anruft, muss mit einer Anzeige rechnen. Mutwillige Anrufe seien aber die absolute Ausnahme, sagt Kraus. Freilich gibt es auch Münchner, die ihrerseits schlechte Erfahrungen gemacht haben wollen.

"Als ich wegen Hilfeschreien und Bauchgefühl 110 gewählt hab', wurde ich dann vor Ort dermaßen saudumm vom Freund und Helfer angeredet, dass ich mir das in Zukunft sehr genau überlege", berichtet ein Münchner auf Facebook. "Und einmal wurde ich in der Polizeidienststelle Laim mit den Worten vertröstet: Wir haben jetzt keine Zeit." Das Fazit des Mannes: "Da ist noch mächtig Potenzial nach oben."

Auch im öffentlichen Nahverkehr gilt die 110. Für die Sicherheit an 210 Bahnhöfen, in S-Bahnen und in Zügen sind zwar die Bundespolizisten am Hauptbahnhof zuständig. Sie würden aber von der Einsatzzentrale sofort verständigt, versichert Polizeisprecher Kraus. An den Bahnhöfen gibt es Notrufsäulen.

Der Anrufer wird dort mit den "3-S-Zentralen" der Bahn verbunden, an den U-Bahnhöfen mit der Betriebszentrale. Auch in allen U-Bahnen gibt es Notrufknöpfe. Damit erreicht man den Fahrer, der seinerseits die Polizei rufen kann. Virtuelle Polizeiwachen im Internet, wie sie vergangene Woche die Münchner Landtagsabgeordnete Katharina Schulze (Grüne) gefordert hat, wird es jedoch in Bayern vorerst nicht geben.

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Quelle:
SZ vom 29.11.2016
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