Süddeutsche Zeitung

Polizei München:Blitzmarathon soll Raser stoppen

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Von Martin Bernstein, München

Die Liste reicht von der Bundesstraße 11, auf der 80 Stundenkilometer erlaubt sind, bis zur Tempo-30-Zone in der Laimer Willibaldstraße: An insgesamt 118 Stellen in Stadt und Landkreis München werden am Mittwoch Polizisten auf Opfer lauern, wie Kritiker meinen, und versuchen, der Raserei auf den Straßen Einhalt zu gebieten, wie Innenministerium und Polizei hoffen ( die Liste mit den Orten, an denen geblitzt wird, finden Sie hier). Als Teil einer europaweiten Aktion findet auch in München der fünfte Blitzmarathon statt.

Die Aktion beginnt am Mittwochmorgen um 6 Uhr und endet nach 24 Stunden. "Es geht uns beim bayerischen Blitzmarathon nicht darum, möglichst viele Autofahrer zur Kasse zu bitten", so Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). "Wir wollen das Problembewusstsein der Autofahrer für zu hohe Geschwindigkeit schärfen. Ziel unserer Aktion ist, bewusst den Fuß vom Gas zu nehmen, am besten dauerhaft."

Wer dieses Problembewusstsein etwa am Wintrichring in Moosach nicht erkennen lässt, der wird am Mittwoch möglicherweise von Herrmann selbst oder von Münchens Polizeipräsident Hubertus Andrä nachdrücklich auf die Gefahren hingewiesen, die Raser für sich selbst wie auch für andere Verkehrsteilnehmer heraufbeschwören. Herrmann und Andrä wollen am Nachmittag der Moosacher Kontrollstelle einen Besuch abstatten.

Wie nötig derartige Aktionen sind, zeigt ein Blick in die jüngste Münchner Verkehrsunfallstatistik. Hatte sich die Münchner Polizei in den Vorjahren noch über einen kontinuierlichen Rückgang der von Rasern verursachten Verkehrsunfälle gefreut, musste sie 2016 wieder einen Anstieg verzeichnen. Und der fiel keineswegs gering aus: 523 Geschwindigkeitsunfälle bedeuteten gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 21,1 Prozent. Dabei wurden 331 Menschen verletzt, 60 sogar schwer. Sieben Menschen starben - das sind 38 Prozent der in Stadt und Landkreis München insgesamt zu beklagenden Verkehrstoten.

Die Münchner Polizei versucht, mit Kontrollen ein Umdenken herbeizuführen. Im vergangenen Jahr passierten mehr als zwei Millionen Kraftfahrzeuge die polizeilichen mobilen Messstellen. In knapp 59 000 Fällen waren die Lenker zu schnell unterwegs. Das entspricht einer Beanstandungsquote von rund 2,4 Prozent. Bei Geschwindigkeitsmessungen mit Handlasermessgeräten sowie zivilen Dienstwagen mittels Videobeweis wurden laut Polizeipräsidium weitere 11 000 Geschwindigkeitsverstöße geahndet.

Dass permanente Kontrollen - anders als von Gegnern oft behauptet - einen Lerneffekt haben, zeigen Ergebnisse der Messstationen am Mittleren Ring. Dort ist seit Fertigstellung des Luise-Kiesselbach-/Heckenstallertunnels in drei Tunnelabschnitten jeweils eine stationäre Geschwindigkeitsüberwachung realisiert.

"Zusammen mit der Geschwindigkeitsüberwachungsanlage auf der Landshuter Allee wurden im Jahr 2016 bei einem Fahrzeugdurchlauf von über 146 Millionen Fahrzeugen insgesamt über 164 000 Kraftfahrer beanstandet", bilanziert die Münchner Polizei. "Das entspricht einer durchschnittlichen Beanstandungsquote von 0,11 Prozent."Autofahrer nehmen also den Fuß vom Gaspedal, wenn sie wissen, dass geblitzt wird.

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Quelle:
SZ vom 19.04.2017
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