Süddeutsche Zeitung

Oktoberfest:Was sollen wir trinken, 16 Tage lang?

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Von Pia Ratzesberger

Die Mass Bier auf der Wiesn kostet in diesem Jahr zum ersten Mal mehr als elf Euro, doch die meisten Festbesucher wird das nicht davon abhalten, sich noch eine zweite zu bestellen. Und eine dritte. Und eine vierte. Sieht man sich die Statistiken der vergangenen Jahre an, stieg der Preis für eine Mass auf der Theresienwiese zwar kontinuierlich immer weiter an - von zum Beispiel 6,30 Euro im Jahr 2002 auf heute fast das Doppelte. Doch auch die Menge an ausgeschenktem Bier nahm - mit leichten Auf und Abs - meist weiter zu, von 5,7 Millionen Litern Bier im Jahr 2002 auf 7,5 Millionen Liter Bier im vergangenen Jahr.

Nun gibt es in der Ökonomie mit ihren vielen Modellen selbstverständlich auch eines, um das Oktoberfest zu analysieren und festzustellen, wie sich die veränderten Preise in den Wiesnzelten auf die Nachfrage auswirken. Man nennt das die Preiselastizität der Nachfrage: Sie wird berechnet, indem man die Veränderung der Menge in Prozent durch die Veränderung des Preises in Prozent teilt.

Vergleicht man also die Jahre 2002 und 2017 miteinander, hat ein Wiesnbesucher im vergangenen Jahr statistisch 26 Prozent mehr Bier getrunken als 15 Jahre zuvor - die Preise wiederum sind in der gleichen Zeit um mehr als 68 Prozent gestiegen. Die Preiselastizität der Nachfrage hat damit einen Wert von etwa 0,4 - was so viel heißt wie: Das Bier kann noch so teuer sein, die Leute saufen trotzdem. Selbst in den Jahren der Finanzkrise sank die Menge an ausgeschenktem Bier pro Kopf nur um 4,5 Prozent, während die Preise um fast sieben Prozent stiegen.

Der Wert Null würde bedeuten, dass die Leute sogar überhaupt nicht mehr auf den Preis reagieren und immer exakt gleich viel Bier bestellen würden, egal, wie sich der Preis verändert. Bei allen Werten unter eins bezeichnet man die Nachfrage als "unelastisch". Das heißt, dass die Kunden nur sehr schwach auf den Preis reagieren - in den wirtschaftswissenschaftlichen Lehrbüchern werden für dieses Beispiel gerne Grundnahrungsmittel wie Brot oder Kartoffeln angeführt. Dazu gehört in Bayern bekanntermaßen auch das Bier. Normalerweise ist es dagegen so: Steigt der Preis, kaufen Kunden ein Produkt weniger häufig.

Läge der Wert über eins, wäre das der Indikator dafür, dass die Leute merklich auf den veränderten Preis reagieren - eine "elastische Nachfrage". Auf der Wiesn ist die seltener, findet sich in der Statistik aber schon auch: In den Jahren von 2012 auf 2013 zum Beispiel stiegen die Preise um 3,3 Prozent - die Biermenge pro Kopf aber ging um mehr als neun Prozent zurück. Die Preiselastizität der Nachfrage lag also bei etwa 2,8. Vielleicht schafft das Oktoberfest in Zukunft ja einmal einen Wert von 0.

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Quelle:
SZ vom 29.09.2018
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