Süddeutsche Zeitung

Öffentlicher Nahverkehr:Warten auf den neuen Zug

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Von Marco Völklein, München

Noch im Sommer 2013 kündigte MVG-Chef Herbert König Großes an: Von Mitte Dezember 2013 an, mit dem damaligen Fahrplanwechsel, wollte die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) eigentlich die ersten neuen U-Bahn-Züge vom Typ "C2" einsetzen. Diese hatte König für 185 Millionen Euro bei Siemens bestellt.

Und er benötigt die neuen Züge dringend, weil er damit nicht nur alte, störanfällige Waggons ersetzen will. Vielmehr sollte ja eigentlich schon seit Dezember 2013 ein Zwei-Minuten-Takt auf Abschnitten der Linien U 1 und U 7 gelten. Auf den besseren Takt wie auch die neuen Züge warten die Münchner bislang vergebens.

"Mehr als ärgerlich"

Viel schlimmer aber ist: Trotz der nun gut einjährigen Verspätung ist immer noch nicht klar, wann die neuen U-Bahnen endlich den Betrieb aufnehmen. Derzeit sei "noch nicht absehbar, wann der erste Zug in den Fahrgasteinsatz gehen kann", teilt ein MVG-Sprecher mit. Das wiederum beschert dem städtischen Verkehrsbetrieb viel Kritik: "Mehr als ärgerlich" findet Andreas Nagel von der "Aktion Münchner Fahrgäste" das Drama um die Züge. "Die U-Bahn-Züge fehlen den Fahrgästen."

Auch Andreas Barth vom Fahrgastverband Pro Bahn nennt das Ganze "sehr, sehr unerfreulich" und nimmt gleich mal Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt in die Pflicht: Der Gesetzgeber habe auf Bundesebene vor Jahren entschieden, die technische Aufsicht für die Zulassung den einzelnen Länderbehörden zu überlassen - und damit "viel Verantwortung" auf diese übertragen. Nun aber müsse der Bund ein "entschlacktes Verfahren mit garantierten Durchlaufzeiten" verordnen.

In der Tat ist unklar, woran es genau hapert - an den immer wieder auftretenden Mängeln an den bestellten Zügen. Oder aber an dem bürokratischen Zulassungsprozess bei der Regierung von Oberbayern als zuständige Aufsichtsbehörde. Klar ist nur: Derzeit stehen zwei C2-Züge mehr oder weniger ungenutzt im MVG-Depot in Freimann herum, weitere zehn drehen auf einem großen Testgelände von Siemens am Niederrhein ausgiebige Testrunden.

Die Schuld dafür schieben sich alle Beteiligten gegenseitig zu. Die MVG sagt, vor allem Defekte an den Fahrzeugen seien für die Verzögerungen verantwortlich. Zunächst hatte es Probleme mit den Dichtungen an den Türen gegeben, dann waren Mängel an den Getrieben und beim Kuppeln aufgetreten. Die Herstellerfirma Siemens wiederum will sich gar nicht zu dem Thema äußern. In Branchenkreisen heißt es aber, die "Kinderkrankheiten" der Züge seien weitgehend behoben; der "sehr viel größere Brocken" stehe nun bei der Zulassung an. Da wiederum knirschte es auch schon bei anderen Schienenfahrzeugen.

Wer konkret geschlampt hat, ist nicht zu erfahren

Zuständig ist dafür die Regierung von Oberbayern. Laut MVG haben sich "im Rahmen des Zulassungsprozesses punktuell qualitative Mängel hinsichtlich der vorgelegten Nachweisdokumente einzelner Zulieferfirmen gezeigt". Wer da nun konkret geschlampt hat, ist nicht zu erfahren. Angeblich hapert es bei der elektronischen Zugbeeinflussung, die ein großer französischer Hersteller geliefert hat. Diese Mängel würden "derzeit durch die MVG und die betroffenen Firmen abgearbeitet", heißt es bei den Verkehrsbetrieben.

Hinzu kommt, dass die bislang vorgelegten Nachweise, Gutachten und Prüfunterlagen der Bezirksregierung offenbar nicht ausreichen. So konnte laut MVG "für einzelne Nachweisbereiche" mit der Regierung noch immer nicht abgeklärt werden, welche Details die Gutachter in welchem Umfang testieren müssen. Wann das alles geklärt sein wird, ist offen. Ähnlich zugeknöpft gibt sich auch die Bezirksregierung: Man sei "in engem und konstruktivem Kontakt mit der MVG", erklärt ein Sprecher nur. "Wann das Zulassungsverfahren abgeschlossen und die Abnahmebescheide erlassen werden können, ist von Seiten der technischen Aufsichtsbehörde nicht prognostizierbar." Schlechte Nachrichten für Fahrgäste.

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Quelle:
SZ vom 11.12.2014
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