Süddeutsche Zeitung

Neuperlach:Urbanes Zentrum am Stadtrand

Lesezeit: 3 min

Auf dem Hanns-Seidel-Platz wird an der neuen Mitte des Viertels gebaut. Die vierstöckige "Perlach Plaza" umfasst Wohnungen, Grünflächen, Einzelhandel und Gastronomie

Von Kilian Beck, Neuperlach

Über dem Hanns-Seidel-Platz streckt ein Autokran seinen Arm 50 Meter weit in eine Baugrube hinein. Am Ende des Armes rauscht via Schlauch flüssiger Beton auf eine Fläche hinab. "Dort kommt der Bio-Supermarkt hin", sagt Peter Fritsche, Geschäftsführer der Immobilienfirma Concrete Capital. Im März 2019 hat der Aushub der 16 Meter tiefen und 250 Meter langen Baugrube begonnen. Im März 2020 haben die Arbeiter das Fundament gegossen, danach den Rohbau begonnen. 7500 Tonnen Stahl müssen noch verbaut werden, bis die "Perlach Plaza" 2022 fertig wird - und auch die ist nur ein Teil des Großvorhabens, am zentralen Neuperlacher Platz endlich die Jahrzehnte bestehende Baulücke zu schließen.

Für den Investor aus der Münchner Innenstadt ist die Perlach Plaza ein Projekt, das auf dem ehemals als Parkplatz genutzten Areal Wohnungen, Grünflächen, Einzelhandel und Gastronomie zur "neuen Mitte Perlachs" vereinen soll. Damit konkurriert Peter Fritsche ein Stück weit mit dem seit vielen Jahren etablierten Pep-Einkaufszentrum auf der anderen Straßenseite. Der Geschäftsführer steht beim Baustellen-Termin auf gegossenem Betonboden acht Meter unterhalb der Thomas-Dehler-Straße. "Hier kommt die Tiefgarage für den Einzelhandel hin", sagt er. "Die wird über eine Rolltreppe angebunden." Ein Stockwerk unter ihm soll die Tiefgarage in die Tiefe hinab fortgesetzt werden. "Eigentlich versucht man immer, ein drittes Untergeschoss wegen der Kosten zu vermeiden, aber wir brauchen die Parkplätze", sagt er, während ihn das Kreischen einer Flex fast übertönt. Und beim Verlassen der Baustelle zeigt er auf ein rechteckiges Loch am Rande der Baugrube. "Das ist unser U-Bahn-Zugang, der im ersten Untergeschoss herauskommen wird." Der Tunnel endet in der U-Bahn-Station Neuperlach-Zentrum.

Während das erste Untergeschoss des Neubaukomplexes nur für Einzelhändler reserviert ist, sollen ins Erdgeschoss auch Gastronomen einziehen. Auch hinsichtlich der Größe ist beabsichtigt, die Geschäfte unterscheidbar zu machen: "Wir bieten Flächen bis runter zu 50 Quadratmetern an." Bisher kann Fritsche eine Bio-Supermarkt- und eine Discounter-Kette als Einzelhändler benennen. Man habe bei Concrete Capital darauf geachtet, dass die Einzelhändler der Perlach Plaza in keiner direkten Konkurrenz zu denen im Pep-Einkaufszentrum auf der anderen Straßenseite stünden, erklärt er.

Die Perlach Plaza besetzt nicht den ganzen Platz: Sie wird als eines von vier Bauprojekten ungefähr ein Drittel des Hanns-Seidel-Platzes füllen. Für das städtebauliche Projekt unter dem Titel "Kulturquadrat" haben sich zwei Immobiliengesellschaften mit der Gewofag und der Stadt zusammengetan, um die ehemalige Brachfläche zu nutzen. Auf dem gesamten Hanns-Seidel-Platz sollen Sozial- und Mietwohnungen, Gewerbe- und Grünflächen sowie ein Kulturzentrum entstehen. An der Südost-Ecke des Platzes stehen bereits zwei Häuser mit bereits verkauften Eigentumswohnungen.

Das Hauptgebäude der Perlach Plaza wird ein vierstöckiger Bau mit drei Flügeln, die einem Park im Zentrum des Kulturquadrats zugewandt sind. Im Nordflügel will eine Hotelkette vom zweiten Stock an ein Drei-Sterne-Hotel einrichten. Architektonisch hat sich das Wiener Architekturbüro "Alleswirdgut" an den Bögen über manchen Läden in der Innenstadt orientiert. "Wir glauben, dass München immer weiter wächst, und wollten uns deshalb am Zentrum orientieren", meint Fritsche - ihm schwebt sozusagen ein urbanes Zentrum am Stadtrand vor. Als Vorbau des zweiten Stockwerks ist zwischen den Gebäuden ein begrünter Ruhebereich auf einer Plattform geplant. "Damit wollen wir Wohnen und Einkaufen etwas entkoppeln", erklärt Fritsche. Auf dem gesamten Gelände sollen 13 600 Quadratmeter an begrünten Freiflächen entstehen. In den beiden übrigen Flügeln wird Concrete Capital 111 Ein- bis Vier-Zimmer-Wohnungen zwischen 30 und 130 Quadratmetern vermieten. "Auf Mietpreise können wir uns jetzt noch nicht festlegen, dafür ist es noch zu früh", antwortet Fritsche auf Nachfrage.

Auf dem Dach des Komplexes sollen Gärten Treffpunkte für die Hausgemeinschaft werden. Am südlichen Ende des Komplexes an der Von-Knoeringen-Straße wird ein Studentenwohnheim mit 104 Ein-Zimmer-Apartments errichtet. "Eines ist ungefähr 20 Quadratmeter groß", sagt Fritsche. Das Unternehmen sei gerade noch auf der Suche nach einem Betreiber und könne auch dafür noch keine Mietpreise benennen, erklärt der Immobilienökonom.

Ins Erdgeschoss des Wohnheims soll eine Fahrradwerkstatt einziehen - als Teil des Nachhaltigkeitskonzeptes der Perlach Plaza. "Wir setzen hier auf zwei Säulen - Geothermie und nachhaltige Mobilität", erklärt Fritsche. Konkret bedeutet das die Installation von 45 Elektroauto-Ladestationen in der Tiefgarage, Car- und Bike-Sharing-Angebote und einen direkten Zugang zur U-Bahn. "Die Geothermie, werden wir nutzen, um unseren Normalverbrauch für die Heiz-und Kühlanlagen zu decken", so Stefan Buberl, Technischer Leiter bei Concrete Capital. So müsse man nur bei Spitzenverbrauch auf die herkömmlichen Fernwärme- und Kühlanlagen zurückgreifen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4993936
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 10.08.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.