Süddeutsche Zeitung

Neuhausen/Nymphenburg:Kampf um die Barrierefreiheit

Lesezeit: 2 min

Der S-Bahnhof Laim soll auch während des Umbaus für Behinderte erreichbar bleiben

Von Anita Naujokat, Neuhausen/Nymphenburg

"Das kann's ned sein": Dieser Satz ist seit Wochen von Bürgern, Betroffenen und Lokalpolitikern aller Couleur in Laim, Neuhausen und Nymphenburg zu hören. So auch am Dienstagabend in der letzten Sitzung des Bezirksausschusses (BA) Neuhausen-Nymphenburg vor der Sommerpause, in der Jörg Mader von der DB Netz AG und der städtische Baustellenkoordinator Stefan Bauer die Umbaupläne für die Laimer Unterführung und den Bau der Umweltverbundröhre erläuterten. Das Großprojekt steht in Zusammenhang mit der geplanten zweiten S-Bahn-Stammstrecke und der künftigen West-Tramtangente.

Drei Jahre soll von 2020 an der Bahnhof nicht mehr per Lift erreichbar sein - ein Riesenproblem nicht nur für behinderte Menschen, sondern auch für Familien mit Kinderwagen und vollbepackte Touristen auf dem Weg zum Flughafen. "Es ist unakzeptabel, bei so einer Bausumme nicht dafür sorgen zu können, dass es eine Zwischenlösung gibt", hieß es seitens der Seniorenvertretung unter großem Beifall.

Von September an wird die Laimer Unterführung für mindestens drei Monate für den Kraftfahrverkehr dichtgemacht. Einzig Fußgänger und Radfahrer sollen noch passieren können. In dieser Bauphase ist der Aufzug noch in Betrieb. Für die Zeit danach sollen die Bahnsteige drei Jahre lang nicht mehr barrierefrei erreichbar sein. Der Planfeststellungsbeschluss sehe vor, dass die Barrierefreiheit nicht gewährleistet sein könne, sagte Mader. So sei die Rechtslage. Doch damit wolle man sich nicht zufriedengeben, legte er nach. Mittlerweile gebe es Gespräche mit der Stadt und deren Behindertenbeauftragten, ob und wie eine Lösung und Verbesserung aussehen könnte, sagte er. "Es wäre eine tolle Sache, wenn man in den vorgesehenen Schächten einen Interimsaufzug einbringen könnte, aber das ist noch in Prüfung." Der einzige Zugang während der Bauzeit werde auf drei Meter eingeschränkt. Das sei schon unter normalen Umständen sehr eng. "Wir müssen prüfen, wie wir eine Lösung schaffen, auch wenn es vielleicht keine durchgehende sein wird", sagte Mader.

Keine eindeutige Antwort gab es auf die Frage von Marianne Kreibisch von der AGS (Arbeitsgemeinschaft für den Stadtbezirk Neuhausen-Nymphenburg), wie denn die Fahrgäste über die fehlende Barrierefreiheit informiert würden. Wenn also ein Tourist mit und ohne Koffer oder Behinderung vom Flughafen oder Hauptbahnhof komme und in Laim aussteigen wolle, müsse er doch irgendwie vorgewarnt werden, dass er in Laim keine Möglichkeit habe, den Bahnsteig zu verlassen, er also eine Station früher oder später aussteigen müsse oder gleich ein anderes Verkehrsmittel nehme. Außer einem "eher schwierig" waren keine Einzelheiten dazu zu vernehmen, wie dies die Bahn bewerkstelligen wolle.

Die Grünen-Stadträtin und BA-Vorsitzende Anna Hanusch merkte an, dass auch die Stadt keine so rühmliche Rolle beim Thema Barrierefreiheit gespielt habe. "Die Stadt hat auch nicht darauf gedrungen", sagte sie. Letztlich bleibe nur übrig, den "politischen Druck so hoch zu halten, dass etwas passiert".

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Quelle:
SZ vom 18.07.2019
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