Süddeutsche Zeitung

"Radikal jung"-Festival:Die Annäherung der Generationen

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Das Festival "Radikal jung" für junge Regie am Münchner Volkstheater hat begonnen. Voll besetzte Säle, gute Stimmung und ein Texthänger - der erste Abend bot viel Gesprächsstoff.

Von Julian Gülker

Viel Stoff heißt viel reden. Natürlich auf der Bühne selbst, aber auch in der Bar, dem Hof oder Foyer. Am ersten Abend des diesjährigen "Radikal jung" im Volkstheater, dem Festival für junge Regie in München, hatten die Zuschauerinnen und Zuschauer einiges zu besprechen - von typische Theaterthemen über Zugverbindungen bis zur Metoo-Debatte.

Ein Punkt kam aber besonders oft zur Sprache: Ausgerechnet im Stück "Zwiegespräch", das sich um Generationenkonflikte und das Altern dreht, vergaß der Schauspieler Branko Samarovski nahezu seinen ganzen Text und war den Großteil der Aufführung auf die Souffleuse angewiesen. Für viele Zuschauer ein Denkanstoß, um gemeinsam über Themen wie das Älterwerden oder Menschlichkeit am Theater zu sprechen.

Das wurde vor allem im Zelt deutlich. Dieses wurde eigens im Hof des Theaters errichtet, damit sich die Zuschauer nach den Aufführungen direkt mit den Beteiligten austauschen können. Während von außen noch dumpf der Klang heiterer Unterhaltungen zu hören war, wurden hier im Gespräch mit Bühnenbildnerin Mirjam Stängl und Regisseurin Rieke Süßkow ernste Töne laut: "Wir müssen mehr über das Sterben reden", forderte eine Zuschauerin, "was heute auf der Bühne passiert ist, ist emotional natürlich bedrückend", so Süßkow selbst. Wie man denn ein Stück aufführen könne, das auf dem Text eines politisch stark umstrittenen Autors wie Peter Handke basiert - eine weitere Frage aus dem Publikum. Wichtig dabei: Radikal jung war das Publikum im Durchschnitt nicht. Das Festival zieht Menschen vieler Altersgruppen an - für den Austausch ist das hervorragend und funktionierte auch hier zwischen den Generationen auf Augenhöhe.

"Ambivalent", war angesichts der besonderen Umstände das Fazit vieler Besucherinnen und Besucher, die noch Stunden nach den Aufführungen bei Getränken im Hof beisammen standen. Eines war die Eröffnung aber in jedem Fall: konstruktiv - und je länger der Abend dauerte, desto mehr näherten sich die Beteiligten aneinander an. Für den sinnbildlichen Abschluss sorgte dann ausgerechnet der DJ: Zu klassischen Oldies tanzte die junge Generationen, zu aktuellen Charts die "ältere". Und vor allem: sie tanzten zusammen.

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