Süddeutsche Zeitung

Münchner Kammerspiele:Wonderwomen-Wow-Effekt

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Mit "Halide" holen die Kammerspiele die Geschichte einer beeindruckenden türkischen Freiheitskämpferin und Feministin auf die Bühne. Gut so.

Von Yvonne Poppek

Schon einmal von "Halide" gehört? Die Frau, die mit vollem Namen Halide Edib Adivar heißt, wurde 1884 in Istanbul geboren, wo sie 1964 auch starb. Dazwischen hat sie ein unglaubliches Leben gelebt, stark, unabhängig, mutig und umstritten. Sie war Schriftstellerin, Pädagogin, Kriegsberichterstatterin, kämpfte für die Freiheit und die Rechte der Frau. Sie sprach mehrere Sprachen, wurde in der Türkei verehrt und verfolgt, im Ausland gefeiert. Sie akzeptierte die Vielehe nicht, ließ sich scheiden, als ihr Mann seine zweite Frau nahm, heiratete ein weiteres Mal. Und sie trat für den Frieden ein, weil: "Die Leiden der Menschen ändern sich nicht je nach Rasse oder Glauben."

Schon allein, um die Geschichte dieser Frau kennenzulernen, lohnt sich der Abend "Halide. Words of flame" im Werkraum der Kammerspiele. Er gehört zum Festival "Female Peace Palace", das schon die Biografien einiger historisch interessanter Frauen regelrecht ausgegraben hat. Die Wissenslücken hier zu füllen, kann inspirieren, bestärken. Ein Wonderwomen-Wow-Effekt.

Was bei "Halide" hinzu kommt, ist die schwebend-schöne Umsetzung. Regisseurin Emre Koyuncuoğlu wendet einen Kniff an: Sie verlegt die Erzählung in eine Probensituation. Drei Schauspielerinnen diskutieren, wie sie ihr Projekt angehen, das Leben von Halide auf die Bühne zu bringen. Mal springen sie in eine Szene, nehmen türkisches Schattenspiel hinein, treffen sich wieder am Tisch, um ihre unterschiedlichen Positionen zu diskutieren. Das alles ist leicht, vibrierend, flapsig, authentisch - Gülhan Kadim, Esme, Madra und Tilbe Saran sind wunderbare Schauspielerinnen. Ihre Dialoge sprechen sie allerdings auf türkisch, die Übertitelung fordert. Das ist streckenweise anstrengend, doch Gutes, Spannendes hat manchmal seinen Preis.

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