Süddeutsche Zeitung

München:Seriös, zünftig oder leicht bekleidet in den Fasching

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Ballbesucher haben diese Saison die Qual der Wahl. Welche Termine am ehesten an die närrische Tradition anknüpfen - und wann die Tracht aus dem Schrank darf.

Von Michael Morosow

Als Herr der sieben Meere wollte sich einst der Monaco Franze beim Hausball im Donnersberger Hof eine Hübsche angeln. Der ewige Stenz sowie sein Kollege, der Kopfeck Manni, wollten sich auch sogleich ins Getümmel stürzen, schauten dann freilich ziemlich dumm aus der Wäsche, als sie den "Ballsaal" betraten. Statt hübscher Prinzessinnen oder williger Marketenderinnen blickten sie einem freudlosen Wirt ins Auge, statt eines Tanzsaal baute sich vor ihnen ein nüchterner Imbiss mit Stehtischen auf. "Ja, wo sind wir denn hier?" fragte der Monaco Franze irritiert. Der Donnersberger Hof, so kapierten der Franze und der Manni schnell, war nicht mehr das, was er einmal war.

Eine Parabel für den Zustand des Münchner Faschings

Diese Szene ist allen Fans der Fernsehserie "Monaco Franze - der ewige Stenz" unvergessen, sie eignet sich aber auch als Parabel für den Zustand des Münchner Faschings. Er hat nicht mehr viel von seinem alten Glanz, wiewohl seit Jahren versucht wird, sein Image wieder aufzupolieren. So werden auch heuer wieder Dutzende Faschingsbälle veranstaltet, aber die Zeit, da München noch richtig rauschende Bälle feierte und Faschingsumzüge mehrere zehntausend Narren auf die Straße lockten, die ist wohl vorüber. "Ja, wo sind wir denn hier?" , fragt heute der Kölner Jeck enttäuscht, wenn er zur Faschingshochzeit in München ankommt.

Wenn ein Spektakel in der Landeshauptstadt mit dem ausschweifenden Kölschen Karnevalstreiben mithalten kann, dann ist das wohl der traditionelle Tanz der Marktfrauen am Faschingsdienstag auf dem bis auf den letzten Stehplatz gefüllten Viktualienmarkt. Das Narrhalla-Prinzenpaar wird die Gaudi eröffnen, Oberbürgermeister Dieter Reiter wird zum zweiten Mal den Auftritt der Marktfrauen ansagen, die dann pünktlich um 11 Uhr derart loslegen, dass selbst den Profi-Karnevalisten aus dem Rheinland die Maske verrutscht. Es ist schon ein Heidenspaß, wenn die Gemüsefrauen, Bäckerei- oder Käseverkäuferinnen, in prächtige Kostüme gewandet, das Tanzbein schwingen, sich mitunter ein wenig frivol geben und mit dem Publikum schäkern.

Wer einen guten Platz ergattern will, muss sich beeilen

Neuerdings haben sie auch ihr Gesangstalent entdeckt, beim Tanz der Marktfrauen 2015 schmetterten sie "Atemlos durch die Nacht" in den Taghimmel. Ein Tipp für Besucher des Spektakels: Wer zum Start um 11 Uhr einen guten Platz ergattern will, muss sich beeilen. Das frühe Kommen lohnt sich aber definitiv.

Wer sich außerdem trotzig aller Faschingsmüdigkeit widersetzt, das sind die Damischen Ritter, deren Burg der Löwenbräukeller ist. Zwar träumen auch sie von der guten alten Zeit, als sie gleich zwei Bälle mit jeweils 2500 Gästen ausrichten konnten. Heuer laden sie zu einem Ball und hoffen auf wenigstens 1500 Besucher. Für ihren Ball am Donnerstag, 5. Februar, versprechen sie aber: "Diesen damischen Ball werden Sie, wie auch viele Generationen vor Ihnen, nicht vergessen". Die Stimmung aufheizen sollen die Liveband "089" und die Tänzer von Dance United. Höhepunkte des Abends sind das Ritterspiel, das Moosröschenballett der Damischen Ritter und der Auftritt der Narrhalla-Prinzengarde mit dem Prinzenpaar.

Quasi zur Wiederbelebung des Münchner Fasching haben die vielleicht doch nicht ganz so damischen Rittersleut' und ihr Herzog Kasimir vor elf Jahren erstmals die Tradition der Faschingsumzüge wieder aufleben lassen. Am Sonntag, 31. Januar, werden wieder Narren aller Art die Ritter auf ihrem Umzug durch die Innenstadt begleiten. Start an der Herzog-Wilhelm-Straße ist um 13.13 Uhr, gegen 14.30 Uhr kommen die Narren in der Sparkassenstraße an.

Lederhose, Dirndl und Bürgertracht sind erwünscht

Wer zum Auftakt der Ballsaison am Freitag, 15. Januar, als Pirat oder Scheich zum "Oide Wiesn Bürgerball" im Deutschen Theater erscheint, der hat sich am Dresscode vorbei maskiert. Lederhose, Dirndl und Bürgertracht sind erwünscht, passend zu den Schuhplattlern und Volkstanzgruppen, passend zum Ansinnen der Veranstalter, Tracht und Fasching wieder zusammenzuführen. Von 20 bis 2 Uhr gibt es zünftige Musik wie auf der echten Wiesn, unter anderem von Wolfgang Grünbauer und den Oktoberfestmusikanten.

Das Deutsche Theater gibt die Bühne auch für weitere Faschingsbälle. So etwa am Freitag, 22. Januar, die Narhalla Soiree, die im Veranstaltungskalender der Stadt als Kultveranstaltung angepriesen wird. Wie jedes Jahr vergibt die Narrhalla bei dieser Gelegenheit auch den Karl-Valentin-Orden. Zuletzt an die Spaßvögel Horst Seehofer und Heino ("Schwarzbraun ist die Haselnuss") Einlass ist um 19 Uhr, Beginn um 20 Uhr.

Tracht, Volksmusik und bayerische Lebenslust stehen am Sonntag, 24. Januar (Beginn: 19 Uhr), abermals im Mittelpunkt, wenn der Bayerische Landwirtschaftliche Hofball zum zweiten Mal im Deutschen Theater über die Bühne geht. Doch die Ballgänger müssen nicht zwingend dafür ihre Dirndln und Lederhosen aus dem Schrank holen - auch in eleganter Abendgarderobe ist man hier gern gesehener Gast.

Festlich im Dreivierteltakt und mit Cha-Cha-Cha, Slowfox und Swing

Einen Abend nicht nur im Dreivierteltakt, sondern auch mit Cha-Cha-Cha, Slowfox und Swing verspricht die "Ballnacht mit dem Charme der Wiener Ballkultur" am Donnerstag, 28. Januar, 20 Uhr, im festlich geschmückten Ballsaal des Deutschen Theaters. Der Dresscode erlaubt nur eine Verkleidung: Smoking, Abendkleid, festliche Abendgarderobe.

Tolerant bis zum letzten Unterhemd ist man dagegen beim "Schabernackt-Ball" am Samstag, 30. Januar, 20 Uhr, im Löwenbräukeller. Als einzige Bedingung verlangt der Veranstalter: "Die Scham muss bedeckt sein." Ob sich die Schabernackt-Gogo-Tänzerinnen und Tänzer bei ihrer Show auch daran halten?

Die deutsch-amerikanische Freundschaft im Bayerischen Hof zelebrieren

Auch im Hotel Bayerischer Hof steigen heuer wieder Faschingsbälle von Rang und Namen. Der 65. Magnolienball am Donnerstag, 21. Januar, 20 Uhr, steht unter dem Zeichen der deutsch-amerikanischen Freundschaft und unter dem Motto "Varieté". Artisten von "Machine de Cirque" wollen die Gäste dieser Benefiz-Veranstaltung faszinieren. Am Samstag, 23. Januar, 20 Uhr, folgt der Ball der Musen mit vielen Showeinlagen wie etwa den Einzug der Debütantinnen und Debütanten und die Münchner Française.

Wer bis dahin rheinländische Ausgelassenheit üben will, der kann dies mit dem KMKV (Köln Münchner Karnevalsverein Superjeilezick e.V.) tun. Bevor es am Samstag, 30. Januar, 19 Uhr, in der Theaterfabrik heiß hergeht, steht am Freitag, 15.Januar, 20.30 Uhr, eine Einsingtour im Nachtwerk Club an. Motto: "Mer stelle München op d'r Kopp."

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SZ vom 11.01.2016
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